Hauke nicht zurückgehalten; aber er hatte gemeint, in Glaubenssachen solle man Keinem drein reden: das schade Niemandem, und besser dort doch als im Schnapskrug!
So war es dabei geblieben, und so hatte er auch jetzt geschwiegen. Aber freilich über ihn schwieg man nicht; seine Gebetsworte liefen um von Haus zu Haus: er hatte Gottes Allmacht bestritten; was war ein Gott denn ohne Allmacht? Er war ein Gottesleugner; die Sache mit dem Teufelspferde mochte auch am Ende richtig sein!
Hauke erfuhr nichts davon; er hatte in diesen Tagen nur Ohren und Augen für sein Weib; selbst das Kind war für ihn nicht mehr auf der Welt.
Der alte Arzt kam wieder, kam jeden Tag, mitunter zweimal, blieb dann eine ganze Nacht, schrieb wieder ein Recept, und der Knecht Iven Johns ritt damit im Flug zur Apotheke. Dann aber wurde sein Gesicht freundlicher, er nickte dem Deichgrafen vertraulich zu: „Es geht! Es geht! Mit Gottes Hülfe!“ und eines Tags – hatte nun seine Kunst die Krankheit besiegt, oder hatte auf Hauke’s Gebet der liebe Gott doch noch einen Ausweg finden können – als der Doctor mit der
Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/155&oldid=- (Version vom 1.8.2018)