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in Bächen, deren Flüssigkeit sich aus Petroleum, Wein, Essig, Himbeersaft und Milch zusammensetzt und straßab in bunten Linien sich schlängelt. Hier und da wird der Lauf gehindert durch aufgeworfene Zuckerwürfel, Mehl und hundert andere nahrhafte Dämme, die man draußen hat liegen lassen, weil Fuhren, Säcke, Kisten und Taschen alles nicht mehr fassen konnten.

Jeder Wagen – eine Alpe voll Segen. Säcke voll Mehl, die man aus den Läden geraubt hat, Kisten voll Zucker, Seife, Schokolade und tausend ähnlicher Dinge; darüber Kleidungsstücke, Polster, Decken, Tücher, Hemden, Spiegel, Wanduhren, Sofas; obenauf Klaviere.

Die Bauern sind von so viel Reichtum berauscht; sie umarmen einander, umarmen die Kosaken und während in den geleerten Winkeln verwüsteter Häuser und eingeäscherter Höfe Stille, demütige Armut und zermalmender Jammer sich einnisten, hört man von der Straße her trunkene und heisere Zurufe: „Bratschyku! holubtschyku! serdenjko!“

Mit dem Rauben wächst die Raublust. Aber das Rauben und Plündern allein bietet bald keinen Reiz mehr; die Angst der Beraubten hat immer ein und dasselbe Gesicht, an dem sie kein Interesse mehr finden. Ihre Instinkte lodern und gieren nach Grausamkeiten, gieren nach Spott, Schande und Blut.

In den ausgeplünderten Wohnungen und Gewölben hausen Pferde auf Polstern und Seidenstoffen gebettet; sie stehen vor Krippen, die aus kostbaren Möbelstücken hergestellt wurden. Bewohner

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Hermann Sternbach: Wenn die Schakale feiern. Weckruf-Verlag, Weimar 1917, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SternbachWennDieSchakaleFeiern.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)