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Awrum trat an die Wand heran, legte sein Ohr an den Fensterrahmen und lauschte. Sein Gesicht hatte er den übrigen zugewendet, die gleichfalls aufhorchten – mit aufgeschreckten, weit aufgerissenen, dunklen Augen. Sie wollten dort draußen Schritte gehört haben. Und ein Flüstern wie zwischen zweien. Man glaubte zwei verschiedene Stimmen gehört zu haben.

Pst! Stille!

Awrum schob behutsam Tuchrand und Fenstervorhang einen Fingerbreit zurück und lugte hinaus. Stockfinster war es. Nur ein Windeswehen trieb sich in den zerbrochenen Dachrinnen der Synagoge herum. Es drang durch Ritzen und Spalten, daß das Blech in Schwingung kam und nur so klingelte. Ob es nicht regnete, fragte wer. Er wisse nicht, sagte Awrum. Möglich sei’s schon, aber man könne nichts sehen.

Es war ihnen kühl geworden, denn ein Schauer lief durch ihre Poren. Die Frauen hüllten sich fester in ihre Tücher. Sie glaubten, jenes Pochen an die Fenster wieder herantreten zu sehen. Es kam nicht – Awrum lugte noch immer durch den schwarzen Spalt in den schwarzen Sack der Nacht hinein und er hörte nichts. Sah nichts. Oder er tat nur so, verdächtigten ihn die drinnen.

„Es ist ganz ruhig“ – sagte er. „Und ich glaube sogar, daß Welwale jetzt erst vom Bethaus heimgeht“. –

„Am Ende kann’s ja auch eine Lüge sein, das mit dem Nachtschenken –“ sagte eine junge Frau

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Sternbach: Wenn die Schakale feiern. Weckruf-Verlag, Weimar 1917, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SternbachWennDieSchakaleFeiern.pdf/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)