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Die Minnelieder sind wie ich merke noch nicht da, es wird noch wol an der Vorrede liegen, laß Dir nur die Zeit nicht zur unrechten Zeit lang werden, und werde auch zur rechten Zeit böse. Tieck ist ein bisgen ein Kind, das ordentlich ein bisgen gezwungen werden kann.

Wilst Du wol so gut seyn und nachfolgende Bücher an den Baron v. Hardenberg, Leutnant bey der Garde und wohnhaft auf der kleinen Schießgasse absenden, die Bezahlung kann gemacht werden wie Du wilst entweder an Gerlach oder an Dir gesandt werden 1. Fantasieen über die Kunst 1. Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders 1. Musen Almanach von Schlegel und Tieck 1. Heinrich Ofterdingen 1. und 2ter Theil 1. Genoveva von Tieck 3. Minnelieder. in Hamburg haben sie[1] noch immer sehr viel zu thun so daß ich nur erst einmahl was geschriebenes von dort habe, ich freue mich alle Tage mehr zu meiner Pauline und wir lernen uns auch immer lieber haben, es ist eine schlimme Zeit und woll nötig daß mans weiß was die Liebe ist, es ist auch sonst nirgends Freude zu holen.

Ich weiß nicht ob Du von Enoch Richter[2] gehört haben wirst daß er sich auch verliebt versprochen und verlobt hat, und hat also auch was beßers zu thun als an mich zu schreiben, ich kann hier auch nicht mehr recht was thun habe in Hamburg viel zu thun unter wegs alle Leute zu besuchen die nicht schreiben, Pauline fängt auch sehr an zu arbeiten, da ists hohe Zeit daß ich fort und wieder komme.

Indeß schreib mir doch einmahl wie Dirs geht auch mit Tieck[3] ob Du von dorther was weißt, ich hab neulich an seine Frau geschrieben, habe aber noch nix gehört. Grüße Alle Deine lieben und bey Bernhardy sehr

Dein getreuer Freund
Philipp Otto Runge.     

Die Reise über Weimar fand statt, und über den damaligen Verkehr Goethes mit Runge, woraus für beide Teile weiter wirkende fruchtbare Anregungen hervorgingen, haben wir ausführliche Berichte. 1804 im April verheiratete sich Runge in Dresden, und nun auf der Heimreise hielt sich das junge Ehepaar auch wieder in Berlin auf (wahrscheinlich im Hôtel de Russie), wo er unter anderen auch Tieck wiedersah. Der nächste Brief Runges an Reimer ist erst vom Jahre 1806:

Wollgast den 13 August 1806     

 Liebster Freund

Du erhältst diesen Brief durch meine Schwester Hellwig aus Mecklenburg die mit ihren beyden Kindern in Freyenwalde einige Zeit gewesen ist, sie baten mich, daß ich, da die Kinder gerne Berlin sehen wolten ihnen nachkommen und sie dorthin begleiten und herumführen mögte, da mir aber die Zeit zu einer solchen Reise zu knapp wird, und ich mit meiner vorhabenden Arbeit nicht fertig werden mögte so bitte ich Dich daß wenn Du einige Zeit übrig hast mir die Liebe thust und Ihnen sagst wie sie die Sache dort angreifen sollen und die Amüsements in der Geschwindigkeit beym rechten Ende anfangen, vorzüglich daß sie in der Comedie

  1. das heißt: die buchhändlerische Compagnie, die sein Bruder und seine Freunde zusammen begründet hatten.
  2. vgl. Hinterlassene Schriften 2, 214 und sonst.
  3. Tieck war bei Reichardts in Giebichenstein zu Steffens’ Hochzeit.
Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Zu Otto Runges Leben und Schriften. Fromme, Leipzig und Wien 1902, Seite 663. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Runges_Leben_und_Schriften.djvu/4&oldid=- (Version vom 24.4.2018)