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garstig anführen lassen und Gedichte, die ein Hiesiger scherzweise selbst gemacht und ihm auf der Post zugeschickt, als alte Volkspoesie abgedruckt: „Auch ist darunter das angebliche Original von Bürgers Leonore, das aber von einer Frau von Plattberg in Neckargemünd eigenhändig ist gemacht worden. Der Überfluss von Volkspoesie ist in Brentanos Sammlung so gross, dass nun ausser dem zweiten Bande noch ein dritter nachfolgen soll“.[1]

Diese missgünstigen Äusserungen über das Wunderhorn waren ebenso unbegründet wie ungenau. Ein solcher Ignorant war Brentano in diesen Dingen wahrlich nicht, dass ihn jeder Hausnarr hätte täuschen können. In einem noch ungedruckten Briefe schrieb Brentano an Goethe (nach dem 19. Januar 1809), im Ganzen seien die Ergänzungen im Wunderhorn schier unwert, erwähnt zu werden: „ganz eignes Machwerk aber, wie Voss sagt, das ist eine sehr unwissende Beschuldigung.“ Warum nannte Heinrich Voss den Heidelberger „Hiesigen“ nicht mit Namen, da er ja doch mit zwiefachem Irrtum die „Frau von Plattberg in Neckargemünd“ anführt? Seltsam aber: Goethe war über diese Neuigkeit längst viel besser unterrichtet, als Voss nur ahnen konnte. Schon im Februar hatte Johannes Falk aus Kassel, wo er Brentano besuchte, die ersten Aushängebogen des zweiten Bandes nach Weimar mitgebracht, und Goethe las aus dieser „Fortsetzung des Wunderhorns“, wie ich im Goethe-Jahrbuch 15, 274 bemerkt habe, in den Abendgesellschaften der Frau Johanna Schopenhauer vor. Goethes Mund sprach also zuerst den Namen der Frau Auguste Pattberg in dieser geistig vornehmen Gesellschaft aus. Sie hätte sich, wäre es ihr bekannt worden, keinen schöneren Lohn ihrer Bemühungen für das Volkslied wünschen können. Die Vossische Missgunst war doch zu offenkundig und trug wohl auch dazu bei, dass Goethe den alten Voss wirklich auf den Blocksberg zitierte: Weimarer Goethe-Ausgabe 14, 305.

Das arme „angebliche Original von Bürgers Leonore“, wie es Heinrich Voss zuerst genannt hatte, sollte noch lange keine Ruhe finden. Es schien dem alten Voss die Handhabe zu einem wuchtigen Hiebe gegen das Wunderhorn zu bieten. Er hatte im Frühjahr 1807 die Korrespondenz seines Schwagers Boie mit Bürger erhalten (Goethe-Jahrbuch


  1. Die von Bratanek offen gelassene Ansetzung dieses undatierten Briefes (Goethe-Jahrbuch 5, 74–77) ergiebt sich daraus, dass die in demselben erwähnte Anwesenheit der Frau Elise Bürger in Heidelberg nach der Zeitung für die elegante Welt 1808 Nr. 85 und dem Morgenblatte Nr. 137 in den ersten Tagen des Juni stattgefunden hat.
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Reinhold Steig: Frau Auguste Pattberg geb. von Kettner. Koester, Heidelberg 1896, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Frau_Auguste_Pattberg.djvu/29&oldid=- (Version vom 1.8.2018)