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Man sieht hieraus zunächst, daß die Rangordnung unter den Bürgermeistereien, sowohl wenn man sie nach der Zahl der getrennten Theile als umgekehrt nach der Größe derselben ordnet, mit wenigen Ausnahmen nahezu dieselbe ist, oder mit anderen Worten: in dem Maße, wie die Zahl der getrennten Theile in den Bürgermeistereien abnimmt, in annähernd demselben Maße nimmt die Größe derselben zu; es findet nicht etwa eine Ausgleichung in der Weise statt, daß auch die Größe der Besitzungen mit der Zahl der Theile ab- und zunähme. Die Übersicht zeigt ferner, daß die Zahl der Theile in den sechs zuerst aufgeführten Bürgermeistereien bedeutend größer ist, als in den 15 folgenden. Von 17,7 Theilen bei Budberg fällt sie plötzlich auf 9,1 bei Schaephuysen, von wo ab die Abnahme eine ziemlich stätige ist. Die Ursache dieses Abstandes ist unzweifelhaft darin zu finden, daß die sechs ersten Bürgermeistereien in der Nähe der Rheindämme liegen. Es ist schon oben im achten Abschnitt angeführt worden, daß die Bewohner der Rheinniederung mehr in Dörfern und Weilern zusammen wohnen, als diejenigen des Binnenlandes: ein solches Zusammenwohnen erleichtert aber die Naturaltheilung von Grundstücken, indem die annähernd gleiche Entfernung von den Hofstätten die Zahl der Liebhaber bei Verkäufen vermehrt. Auch mag dieselbe durch den in der Bodengüte begründeten höheren Werth der Grundstücke in der Rheinniederung und insbesondere durch die Wahrnehmung befördert worden sein, daß ein zerstückelter und nicht zu nahe zusammenliegender Besitz bei Überschwemmungen und Versandungen, zwar oft in einzelnen Theilen, niemals aber in seiner Totalität beschädigt wird, die wirthschaftlichen Nachtheile der zerstückelten Lage demnach gleichsam das Äquivalent einer Prämie für Versicherung gegen Überschwemmungsgefahr darstellen. Ungeachtet der großen Parzellenzahl in den sechs ersten Bürgermeistereien fällt die durchschnittliche Größe derselben doch nicht unter 2, und erhebt sich sogar bei Budberg bis zu 5,2 Morgen; wenn demnach auch Fälle vorkommen, in welchen Grundstücke von den Wegen abgeschnitten und die Besitzer genöthigt sind, sich wechselseitig über die Felder zu fahren, so sind die wirthschaftlichen Nachtheile der Zerstückelung doch nicht so überwiegend, daß das Bedürfniß der Consolidirung hier rege geworden wäre. – Unter den am Rhein liegenden Bürgermeistereien machen freilich zwei eine Ausnahme, nämlich Ossenberg und Wardt. In der ersteren haben sich einige zusammenhängende größere Güter erhalten, mit denen zum Theil ansehnliche Binnenweiden, zum Theil größere Rheinweiden verbunden sind, und die letztere, welche nur etwa zu einem Drittheile im Deichschaugebiet Xanten-Wardt liegt, enthält gerade in den übrigen beiden Drittheilen mehrere größere zusammenhängende Besitzungen, namentlich auch zwei für hiesige Verhältnisse sehr große Weidegüter.

Die Übersicht ergiebt ferner, daß der südliche Theil des Kreises (Canton Moers mit Friemersheim) weit zerstückelter ist, als der nördliche, (Canton Rheinberg und Xanten): denn unter den 10 Bürgermeistereien, welche in den beiden letzten Colonnen die ersten Stellen einnehmen[WS 1], befinden sich 7, welche dem südlichen und 3, welche dem nördlichen Theile angehören. Auf diesen Unterschied, der jedenfalls noch mehr hervortreten würde, wenn auch die Besitzungen von weniger als 20 Morgen hätten berücksichtigt werden können, hat unzweifelhaft auch die Nähe der industriellen Bezirke und der dadurch hervorgerufene regere Verkehr mit eingewirkt. – Aus der folgenden Tabelle (siehe Seite 59) ist das Nähere über die Zerstückelung des Grundbesitzes in den einzelnen Bürgermeistereien zu ersehen.

Hiernach befinden sich unter den 1533 berücksichtigten Ackerwirthschaften

ganz geschlossene
  9,2%
in 2–5
Theile getrennte       41,2%
in 6–12
" " 27,5%
in 13–20
" "   9,5%
in mehr als 20
" " 12,6%

Auch hieraus ergiebt sich, daß die Zerstückelung des Grundbesitzes eine mäßige ist.

Fragen wir nach dem Wechsel des Grundbesitzes durch Kauf und Verkauf, so kann derselbe nur als verhältnißmäßig unbedeutend bezeichnet werden. Der Grund liegt in dem hier üblichen Erbfolgesystem. Obwohl nämlich die bestehende Gesetzgebung die Naturaltheilung bei Erbgängen begünstigt, so findet dieselbe dennoch nur sehr ausnahmsweise statt: nach alter Sitte geht vielmehr das Gut auf eins der Kinder über, indeß die anderen mit Geld abgefunden werden. Sind viele Kinder vorhanden, so kann die Abfindung dem Werthe des Gutes, welcher in diesem Falle dem Abnehmer nicht voll, sondern etwa zu 2/3 bis 3/4 angerechnet wird, nicht völlig entsprechen. In der Regel geschieht der Übertrag schon bei Lebzeiten der Eltern, welche sich alsdann eine Leibzucht vorbehalten; sämmtliche großjährigen Kinder treten dem Acte bei, und machen sich für die etwa vorhandenen Minorennen mit den Eltern dem Annehmer des

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: einnnehmen