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der Dreschmaschinen zugenommen haben. Außerdem giebt es, wie bereits bemerkt, im hiesigen Kreise eine Anzahl Arbeiter, welche auswärts schlafen und arbeiten und nur von Zeit zu Zeit – etwa wöchentlich einmal – zu ihrer Familie zurückkehren. Beide Kategorien von Abwesenden werden bei den Volkszählungen nicht hier, sondern da gezählt, wo sie in Arbeit stehen. Wenn man nun annehmen könnte, daß die Zahl jener Abwesenden im Jahre 1858 ebenso groß gewesen wäre, als im Jahre 1861, so wäre die obenangegebene Verlustzahl von 1254 Seelen genau. Diese Annahme dürfte indessen nicht ganz zutreffen. Da die Kohlen- und Eisenindustrie, welche im Jahre 1853 – zumeist in Folge der Handels- und Geldkrisis – bedeutend nachgelassen hatte, sich inzwischen wenn auch langsam zu erholen begonnen hat, so sollte man glauben, die Zahl der Abwesenden sei i. J. 1858 geringer gewesen als i. J. 1861. Dem steht aber entgegen, daß als in der Ehe lebend gezählt wurden i. J. 1858 142 und i. J. 1861 32 Frauen mehr als Männer, wonach also im Jahre 1858 110 Ehemänner mehr abwesend gewesen wären, als im Jahre 1861. Wir lassen dies dahingestellt, zumal Gründe vorliegen, welche die desfallsigen Angaben aus 1858 nicht als ganz zuverlässig erscheinen lassen. Jedenfalls glauben wir, daß die Verlustzahl von 1254 Seelen nicht allzuweit von der Wirklichkeit abweichen wird. Aus diesem bedeutenden Verluste ist nun aber keineswegs auf das Vorhandensein von Nothständen zu schließen; die Ursache desselben liegt vielmehr darin, daß die benachbarte Kohlen- und Eisenindustrie der Kreise Duisburg, Essen und Bochum selbst dem gewöhnlichsten Arbeiter doppelt so hohe Löhne zu bieten vermag, als die Landwirthschaft, daß die Seidenindustrie des ebenfalls benachbarten Kreises Crefeld dem geschickten Arbeiter nach längerer Übung noch höheren Verdienst gewährt, daß die Dienstmädchen vom Lande in den nahe gelegenen größeren Städten Wesel, Duisburg, Crefeld sehr gesucht sind, und endlich darin, daß die bei Erbtheilungen mit Gelde abgefundenen Kinder bäuerlicher Familien, wenn sie nicht lieber auf dem Hofe bleiben oder keine Gelegenheit finden, sich in der Nähe anzukaufen, in die Ferne ziehen, ihr Glück zu versuchen. Auch verdient hier Erwähnung, daß mehrere bäuerliche Familien des Kreises sich in den östlichen Provinzen des Staates, namentlich in Schlesien und Westpreußen angekauft haben.

Berücksichtigt man den Geschlechtsunterschied, so ergiebt sich Folgendes:

     In den Jahren 1859–61
wurden geboren 3180 Knaben und 2865 Mädchen
starben 1928 männliche
"
1916 weibliche Individuen.
Mithin Zuwachs durch den Überschuß der Geburten 1252
"
"
949
"
"
     Die Bevölkerung betrug
Ende 1861 29744
"
"
29161
"
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Ende 1858 29245
"
"
28713
"
"
also wirklicher Zuwachs 499
"
"
488
"
"
Mithin Verlust durch den Überschuß der Einwanderung über die Auswanderung  753
"
"
501
"
"

Der Kreis hat demnach in den letzten drei Jahren an männlichen Individuen 50% mehr verloren, als an weiblichen. Es kann dies nicht Wunder nehmen, da die Industrie der rechtsrheinischen Kreise nur männliche Arbeitskräfte beansprucht; auch möchte sich in dem Überwiegen der männlichen Auswanderung das gleichsam unbewußte Bestreben der Bevölkerung aussprechen, das durch das überaus hohe Verhältniß der männlichen Geburten zu den weiblichen gestörte Gleichgewicht zwischen beiden Geschlechtern wieder herzustellen.

Es wird nicht ohne Interesse sein, zu constatiren, wie sich der Überschuß der Auswanderung über die Einwanderung nach den verschiedenen Religionsbekenntnissen verhält.

     In den Jahren 1859–61
wurden geboren 3169 Katholiken, 2823 Evangelische, 53 Juden
starben 2108
"
1712
"
24
"
mithin Zuwachs durch den Überschuß der Geburten 1061
"
1111
"
29
"
Der wirkliche Zuwachs betrug   103
"
  821
"
24
"
Mithin Verlust durch den Überschuß der Auswanderung über die Einwanderung   958
"
  290
"
  5
"