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nach dem alten Rheine bei Rheinberg verschafft worden, wo dasselbe jetzt eine Mühle treibt. Wenn nun im Rheine ein so hoher Wasserstand eintritt, daß die Moersniederung durch Einlauf von unten überschwemmt werden würde, so wird jener Ausweg durch ein in der Cöln-Nymweger Staatsstraße befindliches Schleusenthor gesperrt. Steigt alsdann das Rheinwasser so hoch, daß die Niederung von oben her, namentlich über die Dämme der Uerdinger, und der Friemersheimer Deichschau einläuft, so bietet der erwähnte bei Anlage der Fossa gemachte Verschluß dem Hochwasser kein Hinderniß; dasselbe nimmt vielmehr in der gleich noch näher zu bezeichnenden Fortsetzung der Niederung seinen Weg zum alten Rhein bei Xanten.

Der die Moersniederung durchschneidende, durch den Stadtgraben von Moers geführte Wasserabzug, der Moerskanal genannt, ist in nassen Jahren sehr wasserreich, da er mehrere Seitengräben aufnimmt, welche zum großen Theil ebenfalls kleinere alte Rheinarme entwässern. Einige hundert Ruthen oberhalb Moers vereinigt sich mit ihm ein Graben, welcher vor Jahrhunderten aus der Niepniederung bei Zwingenbergshof über die Häuser Traer und Lauersfort geführt ist, um dieselben mit fließendem Wasser zu umgeben. Damit der Moerskanal bei hohen Wasserständen einigermaßen entlastet werde, hat man ihn unterhalb Bornheim durch den Lohkanal mit dem bei Orsoy in den Rhein fließenden Baerler Leitgraben verbunden.

Wie bereits bemerkt, setzt sich der in Rede stehende Rheinarm nördlich von Rheinberg fort; er führt nämlich durch die Millinger Wiesen längs Drüpt zum schwarzen Graben, wo die von Haus Heideck über Alpen sich hinziehende Niederung hinzutritt, dann mit dieser vereinigt an Drüptsteen, Rill und Menzelen vorbei, und ergießt sein Wasser, nachdem er weiter unterhalb die ebenfalls mehrere alte Rheinarme entwässernde Borthsche Ley aufgenommen hat, durch die Pollgeut in den alten Rhein bei Xanten. Da die Moersniederung bei Rheinüberschwemmungen eine große Menge Wassers aufnehmen muß, welches sie auf dem bezeichneten Wege nur langsam und ungenügend absetzen kann, so hat die betheiligte Deichschau Ossenberg-Borth-Wallach den Plan des Besitzers von Winnenthal, die Niederung bei Alpen durch einen direkten Graben mit dem alten Rhein bei Birten in Verbindung zu setzen, durch Bewilligung einer Geldsumme unterstützt. Dieser sogenannte Winnenthaler Kanal, welcher zugleich den Zweck hat, versumpfte Ländereien zu entwässern und eine Mühle zu treiben, ist vor mehreren Jahren zur Ausführung gekommen und hat die ehemalige Winnenthaler Ley in ihrem unteren Theile von Winnenthal bis zur Poll überflüssig gemacht.

Außer diesen beiden bedeutendsten Rheinarmen – der Niep- und der Moersniederung – erwähnen wir zuvörderst noch zwei kleinere, nämlich

3. das unlängst meliorirte Winkelhäuser- und Essenbergerbruch, welches unweit Bornheim beginnt und oberhalb Essenberg vermittelst einer im Damme angebrachten Schleuse sein Wasser in den Rhein absetzt, und

4. das Bahnen- und Westerbruch, welches, bei Asberg beginnend, an Hochstraß, Uettelsheim und Meerbeck vorbeiführt und durch eine im Lohmannsdeich angebrachte Schleuse ebenfalls mit dem Rheine verbunden ist; ferner zwei in neuerer Zeit entstandene Rheinarme, nämlich

5. den seit 1842 schiffbar gemachten alten Rhein bei Rheinberg[1], welcher außer dem mit der Fossa vereinigten Moerskanal, die ebenfalls durch alte Rheinarme geführten Wasserabzüge, den Winterswycker Abzugsgraben und den Budberger Grintgraben aufnimmt;

6. den alten Rheinarm bei Birten und Xanten, welcher, um dem Strom einen bessern Lauf zu verschaffen, im Jahre 1784 abgegraben wurde, wodurch die linke Rheinseite das Bislicher Eiland gewann.


  1. Bis zum Anfange des vorigen Jahrhunderts floß der Rhein bei Reinberg vorbei. Im Jahre 1668 brach er bei Eisgang und Überschwemmung unweit Mehrum in die Momm ein, ein kleines Gewässer, welches gegenüber dem Hause „an der Momm“ mündete. Obgleich dieser Durchbruch in den folgenden Jahren sich erweiterte und einen neuen Rheinarm bildete, ging doch der Hauptstrom von der Gottlieber Ward aus noch immer auf Rheinberg zu. Den Churfürstlichen Zoll zu umgehen, versuchten indessen schon in den neunziger Jahren des 17. Jahrhunderts kleine beladene Schiffe, durch den neuen Arm zu fahren, was jedoch von Seiten Rheinbergs als ungesetzlich betrachtet und möglichst zu verhindern gesucht wurde. Die Erbitterung ging so weit, daß, als im Jahre 1696 ein Schiff in dem seichten Wasser des neuen Armes sich festfuhr, die Rheinberger dasselbe verbrannten. Nachdem im spanischen Erbfolgekriege 1703 Rheinberg von Preußen besetzt worden war, ließ die preußische Regierung, um den Rhein ganz durch Clevisches Territorium zu leiten und den Rheinberger Zoll thatsächlich auszuheben, da, wo der Durchbruch stattgefunden hatte, mehrere mit Steinen und Kies beladene Schiffe in das alte Rheinbett versenken und dasselbe durch Kribbwerke und Weidenpflanzungen vollends sperren, den neuen Arm dagegen erweitern. Als 1715 Rheinberg dem Churfürsten von Köln zurückgegeben wurde, war der Rhein vollständig abgeleitet, und Churköln verlegte den Zoll nach Uerdingen.
    Der obere Theil des ehemaligen Rheinbettes ist inzwischen verlandet, der untere bildet den jetzigen alten Rhein.