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I. Territorium.


Der Kreis Moers, welcher zwischen 51° 21′ und 51° 45′ nördlicher Breite und zwischen 23° 57′ und 24° 25′ östlicher Länge liegt, wird im Südosten, Osten und Nordosten durch den Rhein, welcher ihn von den Kreisen Düsseldorf, Duisburg und Rees trennt, im Westen durch die Kreise Cleve und Geldern und im Süden durch die Kreise Kempen und Crefeld begränzt. Die Länge des Kreises von der nordöstlichsten Spitze gegenüber Rees bis zum Rheinufer bei Friemersheim beträgt 6,4 Meilen, die größte Breite in der Richtung von Osten nach Westen 2,8 Meilen und zwar an zwei Stellen, nämlich zwischen Homberg und dem äußersten Punkte der Bürgermeisterei Rheurdt, und zwischen der Büdericher Insel und dem äußersten Punkte der Bürgermeisterei Labbeck. Die kleinste Breite – von den nördlichen und südlichen Ausläufern des Kreises abgesehen – beträgt, in derselben Richtung gemessen, zwischen der Mündung des alten Rheines bei Ossenberg und demjenigen Punkte, wo die Wesel-Venloer Straße in den Kreis Geldern tritt, 0,9 Meilen. Der Rhein hat, soweit er den Kreis begränzt, wenn alle Krümmungen gemessen werden, eine Länge von 9 Meilen.

Der Kreis, welcher mit Ausnahme der kleinen Insel bei Hohenbudberg und der zu den Festungswerken von Wesel gehörigen Büdericher Insel[1] eine ununterbrochene Fläche bildet, umfaßt 221.231 Morgen oder 10,26 geographische Quadratmeilen. Er erstreckt sich, wie schon die eben mitgetheilten Zahlen darthun, weit mehr in die Länge, als in die Breite, und besteht aus zwei ihrerseits ziemlich abgerundeten Theilen, welche da zusammentreffen, wo er die geringste Breite hat. Die Kreisstadt Moers liegt in dem südlichen größeren Theile und ist von dem südlichsten Punkte des Kreises 1,3, von dem nördlichsten 5,2 Meilen entfernt.

Von dem Territorium des Kreises, dessen Vermessung bei Aufnahme des Katasters in den Jahren 1820–34 und 1835–40 stattgefunden hat, sind folgende Charten vorhanden:

1. Die Büyx’sche Charte des ehemaligen Kreises Geldern, auf welcher demnach die damals zu Crefeld gehörige Bürgermeisterei Friemersheim fehlt, im Maßstabe von 1:75000;

2. die bei Bagel in Wesel herausgekommene Kreis-Charte im Maßstabe von 1:100000, und

3. die Generalstabscharte im Maßstabe von 1:80000, auf welcher aber die politischen Gränzen nicht verzeichnet sind.

Da diese Charten, von denen überdies die erstgenannte vergriffen ist, dem Bedürfnisse nicht entsprechen, so haben die Kreisstände beschlossen, eine neue Kreischarte im Maßstabe von 1:50000 anfertigen zu lassen. Die Vollendung derselben ist durch verschiedene Hindernisse seither aufgehalten worden.

Indem wir nun einige geschichtliche Notizen mittheilen, dürfen wir nicht unterlassen, vorauszuschicken, daß unsre Gegend des seltenen Vorzuges genießt, sowohl mit der griechischen als mit der deutschen Heldensage in eine nahe Verbindung gebracht worden zu sein. Tacitus berichtet nämlich im dritten Capitel seiner Germania, es gäbe Leute, die da glaubten, daß Ulysses auf seiner langen und fabelhaften Irrfahrt auch nach Germanien gekommen sei und daselbst die Ortschaft Asciburgium (das heutige Burgfeld bei Asberg) gegründet und benamset habe, ja, daß einstmals ein dem Ulysses geweihter Altar an diesem Orte gefunden worden sei. Übrigens, so fügt Tacitus hinzu, stehe es jedermann frei, hiervon zu glauben, soviel ihm beliebe. Mit Bestimmtheit dagegen behauptet das Nibelungenlied, daß der gehörnte Siegfried, der Achill der deutschen Sage – wie dieser war er nur an einer Stelle des Leibes verwundbar – in Xanten aufgewachsen sei,

in einer richen Burge, witen wol bechant;
nidene bi dem Rine, diu was ze Santen genant.

Hiermit ist aber auch alles erschöpft, was auf dem Gebiete der Sage aus unserem Kreise zu berichten


  1. Diese Insel entstand im Jahre 1784 durch Ausgrabung des Rheinkanals bei Büderich, welcher, wie es in alten Aktenstücken heißt, „zum Soulagement der Festung Wesel“ angelegt wurde. Der anfängliche unbedeutende Canal erweiterte sich im Laufe der Zeit zu einem mächtigen Strome und enthält jetzt das Fahrwasser.