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ihrer Liebe abzulegen, denn sie kannte ihn, er würde sie nie falsch beurteilen. Auch der Hausmeister hatte ihr ja sofort nach ihrer Ankunft erklärt, Helger sei hier der einzige anständige Kerl.

Es wäre von Helger roh und mehr als taktlos gewesen, hätte er das Mädchen auch jetzt von sich gewiesen, es wäre auch über seine Kraft hinausgegangen, hier auf ein Glück zu verzichten, das ihm seit Wochen die Nächte mit sehnsuchtsvollen Träumen erfüllte. Was ging ihn schließlich auch der Herr an, der nur aus eiskalter Berechnung sein Kind von ihm fernzuhalten suchte?!

Harry Helger hatte seine schwache Stunde.

Er riß das Mädchen in seine Arme und küßte sie, berauschte sich an der Glut ihrer Liebkosungen. Sie saß auf seinem Schoß und überhäufte ihn mit zärtlichen Namen und wiederholte immer wieder voller Seligkeit: „Nun sind wir verlobt, nun wirst du mir helfen, diese dunklen Dinge zu klären.“

Für Helger waren es Minuten, die er nie vergessen würde. Der Mond stand als volle Scheibe am Himmel und tauchte die Küste und das Meer in Zauberlicht.

Und zauberhaft schön war diese Stunde. Doch das Mädchen drängte, die Wahrheit zu erfahren, und der Rausch zerflatterte vor der Unmöglichkeit, diese Wahrheit zu offenbaren. Helger mußte lügen. Es wäre ein Verbrechen gewesen, dieses einzige Kind einem Vater zu entfremden, der bei allen Fehlern für seine Tochter eine Liebe empfand,

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W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)