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Er belauerte sie, sah sie nachdenklich und ernst und erhielt auf seine Fragen, woran sie denke, nur ausweichende Antworten. Er tat ihr vielleicht unrecht, wenn er annahm, sie hinge noch immer an dem anderen – vielleicht war es so – er fragte sie nie, er wagte es nicht, er wollte sich selbst in Sicherheit wiegen und wurde immer unsicherer und mißtrauischer. Rose hatte auch nicht die Art, die erwärmen konnte, – sie war nun einmal so, und sie war doch Weib genug, die leichte Entfremdung zu spüren. Sie besaß nicht jene frauliche Gabe, durch ein Lächeln und ein liebes Wort oder durch Kleinigkeiten, die mit dem Verstande nie begriffen werden können, die vielmehr aus der Seele kommen müssen, eine warme, zarte, weiche Innigkeit zu spenden, – sie war Weib, aber nur in den Stunden der Leidenschaft.

Und die wurden immer seltener. Tim sah ein, daß er etwas Halbes besaß, und etwas Halbes ist gar nichts für einen Mann wie Tim. Er suchte die Wahrheit zu ergründen, er machte alle möglichen Versuche, er wurde absichtlich still und verschlossen: Rose beachtete es kaum. Sie ging nur etwas scheu an ihm vorüber und fragte vielleicht einmal ebenso scheu: „Was hast du nur? Du bist so verändert!“ Doch das geschah nur sehr selten, und in den Fragen lag mehr Befangenheit als zärtliche Sorge um den Bestand eines Glückes!

Tim begann sein Heim zu meiden. Niemand im Dorfe begriff ihn und konnte ihn begreifen, denn niemandem hätte er sich anvertraut. Die

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W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/267&oldid=- (Version vom 1.8.2018)