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oder nicht, ich wurde wie Luft behandelt. Was dazu gehört, solch einer Bande machtlos gegenüber zustehen, ohne sich wehren zu können, das Gefühl muß man wochenlang täglich durchgemacht haben, um es begreifen zu können. O, wie beneidete ich die Männer, die dort draußen fürs Vaterland kämpfen durften, wie leicht dachte ich es mir, sich dort durch Tapferkeit auszuzeichnen. War nicht die Erstürmung einer Festung fortgerissen von der Macht eines Augenblicks ein Nichts im Verhältnis dieses täglichen dem Feinde Gegenübertreten, nicht wissend, wird er dich oder einen der Deinen jetzt über den Haufen schießen? Für das eigene Leben zitterte man nicht, aber wieviele Jünglinge und Männer und andere Angestellte hatte ich, für die ich jeden Augenblick in Sorge war! Den Leuten wurden die Schränke durchwühlt, den Männern die Uhren aus den Taschen fortgenommen. Das Ganze ist kein Krieg, sondern ein Stehlen, Morden und Brennen, wie soll sich unsere arme Provinz nur je von diesem Schlag wieder erholen? Und doch mußte man sich sagen, es muß wohl sein, um unser Vaterland zu retten. Wir dienen eben dem Ganzen, wenn wir uns opfern und nur so ist ein endgültiger Sieg möglich. Aber für diejenigen, die es trifft, ist es bitter, sehr bitter und das Herz krampft sich zusammen über all dem Weh, das der Krieg unserm geliebten Ostpreußen gebracht.

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Sally Innes Siegfried: Aus der Russenzeit Ostpreußens. Verlag von Hapke & Schmidt, Berlin 1915, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SiegfriedAusDerRussenzeitOstpreussens.pdf/27&oldid=- (Version vom 31.3.2020)