„Leben und Treiben des Menschen.“ Es ist zwar rotameisenisch geschrieben, aber ich verstehe es ganz gut. Etwas idealistisch, viel Hypothese — indes, die Roten sind einmal so. Weil sie keine Sklaven halten, bilden sie sich ein, an der Spitze der Civilisation zu marschieren. Nun, wir sind schließlich doch alle Ameisen und ein Boden ist unter uns allen!
Ssrr behauptet wahrhaftig, der Mensch besitze Intelligenz! Er soll allerdings Gehirn haben, aber dann müßten doch seine Fühler am Kopfe und nicht an den Brustringen sitzen.
Ich überzeuge mich mehr und mehr, daß Ssrr recht hat; der Mensch scheint in der That unter den ungeschlachten Bestien, die man Knochentiere nennt, den ersten Rang einzunehmen. Bisher hatte ich immer die Vögel für die bevorzugtere Klasse gehalten, nicht nur, weil sie uns am gefährlichsten sind, sondern weil sie sich in vielen Dingen den Ameisen wirklich auffallend nähern. Sie bauen Nester, haben eine äußere schützende Federhülle, besitzen Flügel und legen sogar Eier. In dieser Hinsicht steht der Mensch weit hinter ihnen zurück, mit Ausnahme des Nesterbaus. Es scheint kein Zweifel, daß die Menschen sogar gleich uns gemeinsame Stöcke anlegen, welche zwar nicht geräumig genug sind, um einen ganzen Staat zu umfassen, aber doch immerhin für ein so großes Tier eine nennenswerte Leistung darstellen. Danach müßte man annehmen, daß sich die
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/80&oldid=- (Version vom 20.8.2021)