und mich ganz der Reiselaune unseres generösen Freundes anvertraut. Wir schwammen auf seiner Dampf-Jacht „Moonshine“ unter der Obhut des wackeren Kapitäns Clynch bei prächtigem Wetter in dem einsamen, selten besuchten südlichen Teile des Atlantic. Am 11. Dezember 1881, mittags um 12 Uhr, als wir unter 28° 34′ westlicher Länge (von Greenwich) und 39° 56′ südlicher Breite uns gerade zum Frühstück setzen wollten, wurde uns die Nähe von Eisbergen gemeldet. Bald tauchten nicht nur einzelne helle Massen, sondern eine meilenlange, hohe, weißglänzende Mauer vor unseren Blicken auf — das seltsame Phänomen mußte untersucht werden. Während sich der „Moonshine“ in sicherer Entfernung hielt, ruderten vier kräftige Matrosen den Arzt des Schiffes, Mr. Gilwald, und mich nach den glitzernden Kolossen hin. Je näher wir dem Gebirge kamen, umsomehr bemerkten wir zu unserem Erstaunen, daß wir es garnicht mit schwimmenden Eismassen, sondern mit dem steilen Felsenstrande einer Insel zu thun hatten. Ein tief eingeschnittener Fjord eröffnete unserem Boote eine Einfahrt, und es gelang uns einen passenden Platz zum Anlegen zu finden. Und nun überzeugten wir uns zu unserer Überraschung, daß das vermeintliche Eis nichts Anderes war als eine Felsenwand von riesigen Kalkspat-Krystallen, die allerdings aus der Ferne mit ihren Reflexen im Sonnenlichte Eisbergen täuschend ähnlich sahen. Hierin lag jedenfalls der Grund, weshalb an dieser Meeresstelle auf der Karte zwar die Beobachtung von Eisbergen, aber nichts von einer Insel verzeichnet war. Ich
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/41&oldid=- (Version vom 20.8.2021)