ein helles Pünktchen, auf und ab wiegt es sich und nun ist’s hindurchgeschwebt durch den schmalen Lichtstreif und verschwunden im Dunkel. Woher kommt ihr, kleine Gestalten, wohin geht ihr, und was sucht ihr im weiten Raume? Was treibt euch in ewiger Unruhe zu spielen, zu irren, zu flüchten? Im Lichte schwebt ihr, aber nur auf dem dunklen Hintergrunde des Schattens habt ihr Leben und Erscheinung! Ach nur das Unerreichliche lockt die Sonnenkinder, das ewig Verlorene und das nie Geborene. — Strebend nach dem Strahlenglanze des Glücks flattert ihr an der Nachtgrenze des Leides, Boten der Sehnsucht schweift ihr umher und findet nimmer!
„Welch abscheulicher Staub,“ sagte Lenore und fuhr mit ihrem Sonnenschirm in den Lichtstreifen, daß die Stäubchen wild durcheinanderwirbelten. „Nun haben Sie den kleinen Wesen ihren schönen Tanz gestört,“ sagte Richard. „Thut es Ihnen nicht leid?“
Lenore sah ihn verwundert an. „Sie sind seltsam,“ erwiderte sie. „Sie sagen das so ernsthaft, daß man fast einen Schreck bekommt, als könnte man auch dem Staube unrecht thun. Ich wundere mich nur, daß Sie mir diese interessante Gesellschaft nicht förmlich vorgestellt haben: Herr von Sonnenstaub — Fräulein Lenore. Ich hätte Lust zu einem kleinen Luftwalzer.“ Sie lachte übermütig und schlug noch einmal in den Lichtstreifen.
„Sagen Sie den Herrschaften, daß sie mir sehr
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/25&oldid=- (Version vom 21.8.2021)