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und Beschleunigung des Entwickelungsprozesses erreicht werden sollte.

Dieses Beispiel, dem sich viele weitere Anwendungen der statistischen Normalmethode anschließen ließen, mag ausreichen, um die Wichtigkeit der autobiographischen Jahrbücher zu beweisen. Wüßte man nun aber durch dieselben erst genau, wieviel Zeit für den Normalmenschen zu jeder psychischen Arbeit erforderlich wäre, so würde sich durch die Abweichung vom Mittel sogleich für das Individuum ein Maß seiner psychologischen Eigenart ergeben. Fände man z. B. für die jährliche lyrische Normalzeit eines Zwanzigjährigen 325,6897 Stunden, und beobachtete man dann bei einem Individuum einen sehr bedeutenden Überschuß von lyrischer Zeit, so würde daraus mit Sicherheit auf die hervorragende lyrische Neigung desselben zu schließen sein, und man würde ihn in die lyrische Fachschule versetzen. Leider kennen wir trotz aller Goetheforschungen noch immer nicht Goethes poetische Zeit, d. h. das in Stunden und Minuten ausgedrückte Mittel seiner täglichen litterarischen Produktion. Es gäbe dies offenbar die poetische Idealzeit, und man könnte sofort in Ziffern angeben, inwieweit ein Dichter dem großen Meister nahekomme. Die Ansprüche, welche Neuere in dieser Hinsicht erhoben haben, ließen sich dann leicht mathematisch prüfen, und es ist nicht ausgeschlossen, daß die oft gehörte Klage, unsere Zeit produziere keine großen Dichter, ein für allemal durch die statistische Methode gründlich widerlegt würde. Die Zukunft wird derartige traurige Nergeleien

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/249&oldid=- (Version vom 20.8.2021)