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Nacht? Und Tröpfchen denkt des ernsten Mannes mit der hohen Stirn, dessen Forscherblick dem Geheimnis des Bacillus nachspähte, es denkt jenes andern Mannes mit den leuchtenden Augen, der das Lied sang von der ewigen, schaffenden Menschheit. — Weit über die Erde blickt es von der Wolke auf siegreiche Arbeit und mächtiges Gelingen. Die Wolke senkt sich, und wieder sieht es die Armen und Unfreien im Kampfe mit des Lebens Notdurft, sieht den Hochmut und die Herzlosigkeit, Verblendung und Überhebung, Dummheit und Schlechtigkeit, Jammer und Verzweiflung, wie jeder Einzelne rastlos ringt im Kampfe des Daseins. Die Wolke steigt, und nun überschaut es alle zusammen und es däucht ihm ein großes Werk, das sie schaffen. Und es schwebte hinauf, so hoch die Winde es tragen wollten, bis die Grenzen ferne verschwammen von Land zu Land, von Meer zu Meer — Noch lagerte das Dunkel dort unten, aber sein Wölkchen erglänzte golden im Frührot; und vor der Sonne herschwebend auf Geisterschwingen begegnete ihm der Genius des Tages und lächelte liebreich.

„Bringst Du ihnen das Glück?“ fragte Tröpfchen.

Der Genius schwieg und schwebte lächelnd weiter.

Und Tröpfchen spähte hinab und dachte: Glücklich werden sie nicht dort unten? Aber würdig können sie werden des Glücks, hinabzuschauen mit mir von der Wolke, um zu begreifen, daß sie nicht anders sein können. Und also denkend zog es still den heimatlichen Bergen zu.

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/241&oldid=- (Version vom 20.8.2021)