Natur und Pflicht
Vereinst du, o Menschheit,
Im allumfassenden Schöpfergefühle
Wonnig zerfließend,
Und schmiedest die Welt
Zur reinen Gestaltung unendlicher Schönheit
Im Blicke der Liebe!
Dort seh’ ich dich walten
Durch Nacht zum Lichte,
Ewige Menschheit!
Nimm deinen Sohn in die Mutterarme
Und laß mich wirken
An deinem liebenden Herzen,
Heilige, schaffende Menschheit!
Der Wandrer stieg zu Thale, seine Schritte verhallten.
Tröpfchen aber, berauscht vom hohen Liede der Menschheit, das in seinem kleinem Herzen nachbebte, zögerte nicht länger. Die gepriesenen Menschen wollte es drunten selbst aufsuchen. Es ließ sich abwärts rollen, und die Strudel des Baches führten es fort. Was die Fichte rauschte und der Felsblock brummte, drang nicht mehr bis zu ihm.
Als Tröpfchen ins Thal kam und der Lauf des Wassers langsamer wurde, da begann es bald sich zu langweilen. Es hatte gedacht, nun würden die Überraschungen und Neuigkeiten sich drängen; statt dessen glitt es stetig im Flüßchen dahin, wurde Tage hindurch an einer Schleuße gestaut und erblickte nichts als niedrige, grüne Uferränder. Es hatte Mühe, sich sein bischen
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/221&oldid=- (Version vom 20.8.2021)