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eine seltsame Geschichte, die ich nicht glauben kann. Es war ein Mensch, wahrscheinlich ein Führer, der mehr wußte wie die andern und ihnen das alles sagte, weil er glaubte, daß es gut sein würde für den Stock; und das finde ich ganz selbstverständlich. Den andern Führern aber gefiel es nicht, weil er auch zu den Sklaven sprach, daß sie nicht geringer seien als die Führer. Da nahmen sie ihn und sagten, wenn er nicht seine Taster still halte, so würden sie ihn totzwacken. Das ist ja auch ganz richtig, denn wer den Führern und damit dem Stock schadet, muß totgezwackt werden. Nun aber kommt das, was ich nicht verstehe. Der Mensch wurde nicht etwa still, sondern er fuhr fort, seine Meinung zu behalten und zu behaupten. Wie kann das sein, daß einer von der Meinung der Führer abweicht? Und wie sie ihn nun zwackten, so hörte er doch nicht auf zu reden, sondern er hob seine Taster vor allem Volke und rief: „Ihr könnt nicht richten über mein Gewissen, das mich heißt die Wahrheit zu künden. Höher als das Leben steht die Freiheit der Überzeugung. Totzwacken könnt Ihr mich wohl, aber meine Worte werden bleiben und ich sterbe gern für die Freiheit!“

Was soll das alles heißen? Freiheit? Dummes Zeug! Ich krieche in meine Winterzelle.

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/118&oldid=- (Version vom 20.8.2021)