des zähen Wasserhäutchens, welches die Blase bildet. Weißt du, wie dick diese Schicht ist, auf der wir stehen? Nach menschlichem Maße gleich dem fünftausendsten Teile eines Centimeters; fünfhundert solcher Schichten übereinandergelegt würden erst einen Millimeter betragen.“
Unwillkürlich zog ich einen Fuß in die Höhe, als könnte ich mich dadurch leichter machen.
„Um Himmelswillen, Onkel,“ rief ich, „treibe kein leichtsinniges Spiel! Sprichst du die Wahrheit?“
„Ganz gewiß. Aber fürchte nichts. Für deine jetzige Größe entspricht dieses Häutchen an Festigkeit einem Stahlpanzer von 200 Meter Dicke. Wir haben uns nämlich mit Hilfe des Mikrogens in allen unseren Verhältnissen im Maßstabe von Eins zu hundert Millionen verkleinert. Das macht, daß die Seifenblase, welche nach menschlichen Maßen einen Umfang von vierzig Centimetern besitzt, jetzt für uns gerade so groß ist, wie der Erdball für den Menschen.“
„Und wie groß sind wir selbst?“ fragte ich zweifelnd.
„Unsere Höhe beträgt den sechzigtausendsten Teil eines Millimeters. Auch mit dem schärfsten Mikroskop würde man uns nicht mehr entdecken.“
„Aber warum sehen wir nicht das Haus, den Garten, die Meinigen — die Erde überhaupt?“
„Sie sind unter unserm Horizont. Aber auch wenn die Erde für uns aufgehen wird, so wirst du doch nichts von ihr erkennen, als einen matten Schein, denn alle optischen Verhältnisse sind infolge unserer Kleinheit so
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/10&oldid=- (Version vom 20.8.2021)