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Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland

den alten „Kaufgesellen“ Setau ins Haus genommen, von dem ihr Friedrich die schöne, feste Handschrift gelernt hatte, die ihn sein Leben lang auszeichnete? Aber dabei wollte sie nicht stehen bleiben. Der Knabe sollte zum Pastor Rei­mer in Pension, aufs Gymnasium und auf die Universität nach Dorpat. Das gab Sorgen bergehoch, ja sogar einmal eine rechte Anfechtung, wie wir gleich hören werden. Und diese war es auch, die zu jenem in der Überschrift angekündigten Erlebnis führte.

„Trine,“ hatte einmal die Großmutter zu ihrer alten Magd gesagt, als sie noch in ihrem lieben Tergeln schaltete und waltete und ihr Friedrich noch ein kleines Bürschlein war, — „warum steht der Platz da links hinter der Wiese so unbebaut? Das Land ringsum ist gut, und offenbar muß da vorzeiten einmal ein Bauerhof gestanden haben; es sind ja noch deutlich die Fundamentsteine zu sehen.“

„War auch einmal ein Bauerhof dort und noch dazu ein großer. Aber man spricht nicht gern davon.“

„Warum denn nicht?“

„Na, so; man soll nicht von ihm reden; er kommt auch ungerufen.“

„Ach so! Wird ja aber wohl so gefährlich nicht sein; wir sind doch beide getauft. Sag nur an, was ist’s damit?“

„Nun ja, Frau, wenn Ihr’s denn wollt. —

„Zur Pestzeit lebte dort ein Bauer, der war sehr reich; — aber es war ein böser Mann. Wie er zu seinem Reichtum gekommen, — denn er hatte manches Tönnchen mit blanken Thalern, davon ließ sich nicht viel Gutes sagen. Alte Leute sagten, der Leibhaftige solle ihm nachts das Geld durch den Schornstein herabgeschüttet haben; dafür habe der Bauer ihm seine Seele verschreiben müssen. Klüglinge meinten freilich später, der Bauer sei einzig da­durch so reich geworden, daß er gestrandete Schiffe ausgeplündert­

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Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1885, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SeebergAusAltenZeiten.pdf/25&oldid=- (Version vom 21.9.2022)