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Tanzsäle[1]. Sie wußte gar wohl, daß an diesen Wohnstätten des Lasters Unschuld


  1. „Bei dem üppigen Tanzen erbleichet die Unschuld; und bei dem Nachhauseführen wird sie zu Grabe getragen,“ sagt A. Jais; und ein anderer weiser Mann: „Unsere Mädchen gehen mit der Blüthe ihrer Jungfrauschaft zum Tanze, und kehren mit der Frucht im Leibe nach Hause.“ Mag man immerhin den Tanz als „unschuldiges Vergnügen“ vertheidigen, oder als Bildungsmittel des äussern Anstandes erklären, und für unentbehrlich halten: wir glauben überzeugt zu seyn, daß man, mit den besten Brillen versehen, bei unsern heutigen Tänzen keine ägyptischen Josephe, und wohl auch keine keuschen Susannen finden möchte. Physische und moralische Zeugnisse bestätigen diese Wahrheit. – Der Tanz ist aus dem Heidenthume, und selbst dieses verabscheute ihn. Cicero sagt: „Niemand tanzt bei uns, so lange er nüchtern ist“ Corn. Nepos sagt, daß bei den Römern der Tanz für unanständig gehalten wurde. Der heil. Chrysostomus erklärt den Tanz für eine Pest aller Tugenden. Der heil. Ambrosius meint: die Tochter einer eheschänderischen Herodias möge tanzen; eine keusche und ehrbare Mutter aber solle ihre Tochter Gottesfurcht lehren. Der heil. Augustin hält es besser, am Sonntage zu ackern, als zu tanzen etc. Was die Folgen des Tanzes betrifft, so möge man z. B. vergleichen Eccles. c. 9. v. 4. Genes. c. 34. v. 1, 2. Exod. c. 32. v. 4. Mtth. c. 14. v. 6–7. Eccles. c. 3. v. 27. Tobias c. 3. v. 17. Luc. 17. 27. Galat. 5. 24 etc.
    „Der Tanzboden ist die ABC-Schule der Wollust; dahin führt der Teufel die noch unschuldigen Schlachtopfer der Verführung, um unter dem Scheine der Gewohnheit die noch unentwickelte Natur desto eher zur Reise zu bringen, und die liebliche Schamröthe der Unschuld desto eher vom blühenden Gesichte wegzuhauchen.“ F. S. Häglsperger „für Jünglinge und Jungfrauen“ etc. 3te Ausg. Landsh. 1832.