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Himmel versetzt. Nachdem sie nun mit der standhaftesten Geduld und Ergebung in den heiligsten Willen Gottes die schweren Leiden ihres hohen Alters und einer langwierigen Krankheit, ertragen hatte, gab sie vorgestern um 7 Uhr Abends sanft und ruhig ihre fromme Seele in die Hände ihres göttlichen Erlösers auf, der durch ihr ganzes Leben ihr Trost, und ihre Freude war.

Und so trat sie also arm in diese Welt, kämpfte mit Armuth durch dieselbe, und ging auch arm an zeitlichen Gütern aus der Welt. –

Doch was soll es frommen, mit irdischen Gütern beladen zu seyn? Ein frommes Herz ist der größte Reichthum, ist ein Schatz, den weder die Diebe rauben, noch die Motten verzehren können. Denn, sagt die Wahrheit, was nützt es den Menschen wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden leidet? Wenn die Uhr des Lebens abgelaufen ist, dann muß der Mensch alles verlassen, und nur seine Tugenden, seine guten Werke sind es, die ihn durch die Pforte des Grabes sicher in die Ewigkeit begleiten. Wer sollte daher noch mit so vielem Eifer nach irdischen und vergänglichen Gütern trachten? da er nicht weiß, ob nicht vielleicht Morgen schon seine Stunde schlägt? –