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noch ein Rest der Menschheit erhalten bleiben soll. Das Ende derselben und die Errettung bringt dann die Erscheinung des Herrn in seiner Herrlichkeit.

 Die nächste Schrift, an welche wir uns zu halten haben, ist dann der 1. Brief St. Johannis; Kap. 2, 18, Kap. 4, 1–6, sodann der 2. Brief, Vs. 7 handeln vom Antichrist oder Widerchrist.

 Auch die Leser der Johannesbriefe sind bereits von dem Kommen des Antichrists unterrichtet und daß mit seinem Erscheinen die letzte Stunde anbricht. Der Widerchrist kommt erst, ist aber in gewissem Sinne jetzt schon in der Welt; es sind, wie auch St. Paulus sagte, bereits von ihm ausgehende Wirkungen wahrzunehmen. Sein Geist ist wirksam in all denen, welche an Jesu leugnen seine Menschwerdung, seine messianische Stellung, seine Gottessohnschaft. Also in falschem Prophetentum war bereits zur Apostelzeit der Antichrist hervorgetreten und erkannt worden. Sein verborgenes Gegenwirken gegen die christliche Wahrheit hat die ganze Kirchenzeit hindurch in keiner Periode derselben aufgehört; ja man könnte die Geschichte der christlichen Kirche von diesem Gesichtspunkte aus schreiben: Angriffe des Antichrists und Abwehr.

 Der Gedanke an den Antichrist ist in den verschiedenen Zeiten der Kirche in verschiedener Stärke lebendig geworden. Für uns ist wichtig, was unsere Reformatoren an antichristischen Wirkungen zu ihrer Zeit wahrgenommen und welche Stellung sie dazu eingenommen haben. Ihnen erschien, kurz gesagt, der römische Papst als der Antichrist. Zwar ist das verweltlichte Papsttum schon vor der Reformation als Sitz des Antichristentums bezeichnet worden, aber Luther hat diese Anschauung nicht von anderen entlehnt, sondern es drängte sich ihm beim Studium der päpstlichen Bücher angesichts des Gegensatzes gegen die Wahrheit des Evangeliums, welcher ihm aus demselben entgegentrat, der Gedanke auf, ob nicht der Papst in seinem Gegensatz gegen die evangelische Wahrheit für den Antichrist anzusehen sei.

 Es trat unserm Reformator noch von anderer Seite her Christusfeindschaft entgegen, nämlich von Seiten des damals mächtigen türkischen Reiches. Es ist ja auch der Islam im Unterschied von den heidnischen Religionen eine eigentlich christentumsfeindliche Religion. Wenn freilich Luther die beiderseitige Gegnerschaft, des Papstes und des Türken Mord, gegeneinander abwog, so mußte er die erstere für die viel schlimmere, weil für die Seele verderblichere halten, und er mußte den Papst, wie er auch in den schmalkaldischen Artikeln tat, als den rechten und eigentlichen Antichrist bezeichnen.

 Doch die Reformatoren stellten nicht sowohl eine Untersuchung an über die Lehre der Schrift vom Antichrist, sondern sie sprachen vielmehr ein Urteil aus über das Papsttum und über den in der päpstlichen Kirche sich findenden Gegensatz gegen die evangelische