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bringen“, und er erschien sich plötzlich wie ein Gymnasiast. Und in einem neuen, sachlichen Ton fragte er: „Auf welcher Abteilung liegt sie denn?“

Die Junge nannte ihm den Namen eines Professors, auf dessen Klinik Fridolin vor einigen Jahren Sekundararzt gewesen war. Und dann fügte sie gutmütig hinzu: „Geben S’ es her, die Packerln, ich bring ihr’s morgen. Können sich drauf verlassen, daß ich nichts wegnaschen werde. Und grüßen werd’ ich sie auch von Ihnen und ihr ausrichten, Sie sein ihr nicht untreu worden.“

Zugleich aber trat sie näher auf ihn zu und lachte ihn an. Doch als er leicht zurückwich, gab sie es sofort auf und bemerkte tröstend: „In sechs, spätestens acht Wochen, hat der Doktor g’sagt, is sie wieder zu Haus.“

Als Fridolin aus dem Haustor auf die Straße trat, fühlte er Tränen in der Kehle; aber er wußte, daß das nicht so sehr Ergriffenheit zu bedeuten hatte als ein allmähliches Versagen seiner Nerven. Er nahm absichtlich einen rascheren und lebhafteren Schritt an, als seiner Stimmung gemäß war. Sollte dieses Erlebnis ein weiteres, ein letztes Zeichen sein, daß ihm alles mißlingen mußte? Warum? Daß er einer so großen Gefahr entgangen war, konnte immerhin auch ein gutes Zeichen bedeuten. Und war es gerade das, worauf es ankam: Gefahren zu

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Arthur Schnitzler: Traumnovelle. Berlin, S. Fischer 1926, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schnitzler_Traumnovelle.djvu/117&oldid=- (Version vom 1.8.2018)