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Doktor Roediger zuckte die Achseln. „Sie war lange genug auf das Ende vorbereitet, Herr Doktor. – Nur als man heute gegen Mittag die Leiche holte – –“

„Ah, ist das schon geschehen?“

Doktor Roediger nickte. „Morgen nachmittag drei Uhr findet das Begräbnis statt...“

Fridolin sah vor sich hin. „Es sind wohl – die Verwandten bei Fräulein Marianne?“

„Nicht mehr,“ erwiderte Doktor Roediger, „jetzt ist sie allein. Es wird sie gewiß freuen, Sie noch zu sehen, Herr Doktor. Morgen bringen wir sie nämlich nach Mödling, meine Mutter und ich“, und auf einen höflich fragenden Blick Fridolins: „Meine Eltern haben nämlich dort ein kleines Häuschen. Auf Wiedersehen, Herr Doktor. Ich habe noch allerlei zu besorgen. Ja, was so ein – Fall zu tun gibt! Ich hoffe, Sie noch oben anzutreffen, Herr Doktor, wenn ich zurückkomme.“ Und schon trat er aus dem Haustor auf die Straße.

Fridolin zögerte einen Augenblick, dann schritt er langsam die Treppe hinauf. Er klingelte; und Marianne selbst war es, die ihm öffnete. Sie war schwarz gekleidet, um den Hals trug sie eine schwarze Jettkette, die er noch nie an ihr gesehen. Ihr Antlitz rötete sich leise.

„Sie lassen mich lange warten“, sagte sie mit einem schwachen Lächeln.

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Arthur Schnitzler: Traumnovelle. Berlin, S. Fischer 1926, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schnitzler_Traumnovelle.djvu/111&oldid=- (Version vom 1.8.2018)