… Die Tegetthoffsäule … so lang hat sie noch nie ausg’schaut … Da drüben stehen Wagen. … Aber nichts als Straßenkehrer auf der Straße … meine letzten Straßenkehrer – ha! ich muß immer lachen, wenn ich dran denk’ … das versteh’ ich gar nicht … Ob das bei allen Leuten so ist, wenn sie’s einmal ganz sicher wissen? Halb vier auf der Nordbahnuhr … jetzt ist nur die Frage, ob ich mich um sieben nach Bahnzeit oder nach Wiener Zeit erschieß’? … Sieben … ja, warum grad’ sieben? … Als wenn’s gar nicht anders sein könnt’ … Hunger hab’ ich – meiner Seel’, ich hab’ Hunger – kein Wunder … seit wann hab’ ich denn nichts gegessen? … Seit – seit gestern sechs Uhr abends im Kaffeehaus … ja! Wie mir der Kopetzky das Billett gegeben hat – eine Melange und zwei Kipfel. – Was der Bäckermeister sagen wird, wenn er’s erfahrt? … der verfluchte Hund! – Ah, der wird wissen, warum – dem wird der Knopf aufgeh’n – der wird draufkommen, was es heißt: Offizier! – So ein Kerl kann sich auf offener Straße prügeln lassen, und es hat keine Folgen, und unsereiner wird unter vier Augen insultiert und ist ein toter Mann … Wenn sich so ein Fallot wenigstens schlagen möcht’ – aber nein, da wär’ er ja vorsichtiger, da möcht’ er sowas nicht riskieren …
Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl. Berlin: S. Fischer, 1906, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schnitzler_Leutnant_Gustl.djvu/048&oldid=- (Version vom 1.8.2018)