Warum denn? – Ja, ich weiß schon: sterben muß ich, darum ist es alles eins – sterben muß ich … Also wie? – Schau, Gustl, du bist doch extra da herunter in den Prater gegangen, mitten in der Nacht, wo dich keine Menschenseele stört – jetzt kannst du dir alles ruhig überlegen … Das ist ja lauter Unsinn mit Amerika und quittieren, und du bist ja viel zu dumm, um was anderes anzufangen – und wenn du hundert Jahr’ alt wirst, und du denkst dran, daß dir einer hat den Säbel zerbrechen wollen und dich einen dummen Buben g’heißen, und du bist dag’standen und hast nichts tun können – nein, zu überlegen ist da gar nichts – gescheh’n ist gescheh’n – auch das mit der Mama und mit der Klara ist ein Unsinn – die werden’s schon verschmerzen – man verschmerzt alles … Wie hat die Mama gejammert, wie ihr Bruder gestorben ist – und nach vier Wochen hat sie kaum mehr dran gedacht … auf den Friedhof ist sie hinausgefahren … zuerst alle Wochen, dann alle Monat – und jetzt nur mehr am Todestag. – – Morgen ist mein Todestag – fünfter April. – – Ob sie mich nach Graz überführen? Haha! da werden die Würmer in Graz eine Freud’ haben! – Aber das geht mich nichts an – darüber sollen sich die andern den Kopf zerbrechen … Also, was geht mich denn
Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl. Berlin: S. Fischer, 1906, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schnitzler_Leutnant_Gustl.djvu/042&oldid=- (Version vom 1.8.2018)