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auffallend ist der Unterschied, den uns das gleichzeitige Geschlecht, aber in verschiedenen Ländern, darbietet. Welche Mannigfaltigkeit in Gebräuchen, Verfassungen und Sitten! Welcher rasche Wechsel von Finsterniß und Licht, von Anarchie und Ordnung, von Glückseligkeit und Elend, wenn wir den Menschen auch nur in dem kleinen Welttheil Europa aufsuchen! Frey an der Themse, und für diese Freyheit sein eigener Schuldner; hier unbezwingbar zwischen seinen Alpen, dort zwischen seinen Kunstflüssen und Sümpfen unüberwunden. An der Weichsel kraftlos und elend durch seine Zwietracht; jenseits der Pyrenäen durch seine Ruhe kraftlos und elend. Wohlhabend und gesegnet in Amsterdam ohne Aernte; dürftig und unglücklich an des Ebro unbenutztem Paradiese. Hier zwey entlegene Völker durch ein Weltmeer getrennt, und zu Nachbarn gemacht durch Bedürfniß, Kunstfleiß und politische Bande; dort die Anwohner Eines Stroms durch eine andere Liturgie unermeßlich geschieden! Was führte Spaniens Macht über den atlantischen Ocean in das Herz von Amerika, und nicht einmal über den Tajo und Guadiana hinüber? Was erhielt in Italien und Teutschland so viele Thronen, und ließ in Frankreich alle, bis auf Einen, verschwinden? – Die Universalgeschichte lößt diese Frage.

Selbst daß wir uns in diesem Augenblick hier zusammen fanden, uns mit diesem Grade von Nationalkultur,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? In: Der Teutsche Merkur. 4. Bd., 1789. S. 105-135. [Hofmann], Weimar 1789, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Universalgeschichte.pdf/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)