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mit den unentbehrlichsten Künsten, ohne das Eisen, ohne den Pflug, einige sogar ohne den Besitz des Feuers. Manche rangen noch mit wilden Thieren um Speise und Wohnung, bey vielen hatte sich die Sprache noch kaum von thierischen Tönen zu verständlichen Zeichen erhoben. Hier war nicht einmal das so einfache Band der Ehe, dort noch keine Kenntniß des Eigenthums; hier konnte die schlaffe Seele noch nicht einmal eine Erfahrung fest halten, die sie doch täglich wiederhohlte; sorglos sah man den Wilden das Lager hingeben, worauf er heute schlief, weil ihm nicht einfiel, daß er morgen wieder schlafen würde. Krieg hingegen war bey allen, und das Fleisch des überwundenen Feindes nicht selten der Preis des Sieges. Bey andern, die mit mehrern Gemächlichkeiten des Lebens vertraut, schon eine höhere Stuffe der Bildung erstiegen hatten, zeigten Knechtschaft und Despotismus ein schauderhaftes Bild. Dort sah man einen Despoten Afrikas seine Unterthanen für einen Schluck Brandwein verhandeln: – hier wurden sie auf seinem Grab abgeschlachtet, ihm in der Unterwelt zu dienen. Dort wirft sich die fromme Einfalt vor einen lächerlichen Fetisch, und hier vor einem grausenvollen Scheusal nieder; in seinen Göttern mahlt sich der Mensch. So tief ihn dort Sclaverey, Dummheit und Aberglauben niederbeugen, so elend ist er hier durch das andre Extrem gesetzloser Freyheit. Immer zum Angriff und zur Vertheidigung gerüstet, von jedem Geräusch aufgescheucht, reckt der Wilde sein scheues Ohr

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? In: Der Teutsche Merkur. 4. Bd., 1789. S. 105-135. [Hofmann], Weimar 1789, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Universalgeschichte.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)