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     Heimlich lauscht er oft verborgen,
Ob er auch die Wahrheit fand.

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Ach! wohl trafen’s seine Sorgen;

An des Jünglings Herzen nagen
Hoffnungsloser Liebe Plagen,
Die er nimmer noch gestand.
     Doch wie einst in heissen Thränen

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Sich ihr Schmerz Erleichtrung schafft,

Da ergreifet ihn ein Sehnen,
Seine Liebe zu ergießen,
Und er sinkt zu ihren Füßen,
Sammelnd seine letzte Kraft:

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     O vergieb, daß ich es wage,

Zu entweihn der Pflicht Gebot!
Doch am Ziele meiner Tage
Sprengt die Liebe diese Ketten;
Nicht mein Leben kannst du retten,

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So versüße meinen Tod!

     Ha! warst du nicht mir versprochen?
Wessen Arm zerriß das Band?
Deine Fesseln sind gebrochen;
Liebe hat dich mir geweihet,

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Sey denn unser Bund erneuet,

Dieser Ring sey Hymens Pfand!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_185.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)