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In der Schatten dunkles Thal zu dringen
     Durch des Oceanos stille Fluth.

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Phöbos! (Ach! An deinem süßen Strale

Weidet sich mein Blick zum letztenmale)
     Blicke gnädig! Furchtlos weihe ich
     Göttlicher! dem Rettertode mich!

Die mir einstens deine Huld vergönnte,

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     Diese Laute, deren süßer Klang

Klagend oft in Mitternächten tönte,
     Wenn ich meiner Liebe Quaalen sang;
Diesen Kranz, gewebt aus Myrtenzweigen,
Sonst – ach! – nur beglückter Bräute Zeichen,

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     Weiht ein Denkmal ihres Dankes hier

     Pythons großer Sieger! Sappho dir!“

Also sang sie. In dem Göttersitze
     Hängt sie Myrtenkranz und Laute auf,
Eilt dann zu des Felsen höchster Spitze,

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     Wie beflügelt, im Triumph, hinauf,

Ha! Sie sinkt! doch welch ein göttlich Wunder!
In die Fluthen stürzt sie nicht hinunter,
     Nein! Verwandelt in Apollos Schwan,
     Hebt die Sängerin sich Wolkenan.

NÖLLER.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_057.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)