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Burleigh.
O! auch die heilige Gerechtigkeit
Entflieht dem Tadel nicht. Die Meinung hält es
Mit dem Unglücklichen, es wird der Neid
Stets den obsiegend glücklichen verfolgen.
Das Richterschwerdt, womit der Mann sich ziert,
Verhaßt ist’s in der Frauen Hand. Die Welt
Glaubt nicht an die Gerechtigkeit des Weibes,
Sobald ein Weib das Opfer wird. Umsonst,
Daß wir, die Richter, nach Gewissen sprachen!
Sie hat der Gnade königliches Recht.
Sie muß es brauchen, unerträglich ist’s,
Wenn sie den strengen Lauf läßt dem Gesetze!

Paulet.
Und also –

Burleigh (rasch einfallend).
 Also soll sie leben? Nein!
Sie darf nicht leben! Nimmermehr! Dieß, eben
Dieß ist’s, was unsre Königin beängstigt –
Warum der Schlaf ihr Lager flieht – Ich lese
In ihren Augen ihrer Seele Kampf,
Ihr Mund wagt ihre Wünsche nicht zu sprechen,
Doch vielbedeutend fragt ihr stummer Blick:
Ist unter allen meinen Dienern keiner,
Der die verhaßte Wahl mir spart, in ew’ger Furcht

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_058.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)