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sei, indem er Geist und Muth zumal in gleich hohem Grade bethätige. Aus dieser Empfindung ist ihr Verlangen, den Freiern Räthsel aufzugeben, sowie die Schrecken, mit denen sie den Rather bedroht, hervorgegangen. Ist es doch billig, dass der, welcher nach so hohem Preise strebt, desselben auch würdig sei, dass er also Schärfe des Geistes genug besitze, um in jeder Umhüllung ihre Gedanken herauszufinden, Geistesgegenwart und Muth genug, um allen Schrecken des Todes wie der verwirrenden Macht der Schönheit gegenüber, ja selbst mit der mächtigsten Leidenschaft im eigenen Busen, nicht die Herrschaft über sich, keinen Augenblick die vollendetste Fassung zu verlieren. Wenn man dies grausam finden will, so erwidert Ehren Truffaldin mit allem Fug:

Es heisst kein Mensch die Prinzen ihren Hals
Nach Pekin tragen, niemand ruft sie her. . . .
 Wir nehmen keinem
Den Kopf, der einen mitgebracht. Der hat
Ihn schon verloren, längst, der hier ihn setzt! . . . .
 Werben kann ein jeder:
Es ist nichts leichter, als aufs Freien reisen.
Man lebt auf fremde Kosten, thut sich gütlich,
Legt sich dem künft’gen Schwäher in das Haus,
Und mancher jüngre Sohn und Krippenreiter,
Der alle seine Staaten mit sich führt
Im Mantelsack, lebt blos vom Körbeholen.
Es war nicht anders hier, als wie ein grosses
Wirthshaus von Prinzen und von Abenteurern,
Die um die reiche Kaisertochter freiten:
Denn auch der Schlechtste dünkt sich gut genug
Die Hände nach der Schönsten auszustrecken. . . .
Da siehst du, Kamerad, wie gut und ehrlich
Es die Prinzess mit ihrem Freier meint,
Dass sie die Räthsel vor der Hochzeit aufgibt.
Nachher war’s noch viel schlimmer. . . .
Doch, wer die stacheligen Räthsel nicht
Auflöst, die seine Frau ihm in der Eh’
Aufgibt, der ist verlesen und verloren!. . . .
 Brigella.
So mögen’s denn meintwegen Räthsel sein,
Wenn sie einmal die Wuth hat, ihren Witz

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/387&oldid=- (Version vom 1.8.2018)