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Mich jammert nur der Vater. – Er bedarf
So sehr der Pflege, und sein Sohn ist fern.
Der Vogt ist ihm gehässig, weil er stets
Für Recht und Freiheit redlich hat gestritten,
Drum werden sie den alten Mann bedrängen –

oder ob er auf des ältern Freundes Warnung, der ihm sagt, dass die Tyrannen sich die Hände reichen, gleich erwidert:

Sie lehren uns, was wir thun sollten.

Sofort, nachdem er des Vaters Unglück erfahren, bricht er aus:

– Sind wir denn wehrlos? Wozu lernten wir
Die Armbrust spannen und die schwere Wucht
Der Streitaxt schwingen? Jedem Wesen ward
Ein Nothgewehr in der Verzweiflung Angst.

Ebenso fährt er zuerst auf, als Tell gefangen wird:

Nein, das ist schreiende Gewalt! Ertragen wir’s?

Kurz, überall ist er mit der raschen That bei der Hand.

Dass er aber eine edle und bedeutende Natur nicht nur, sondern auch ein geborener Parteiführer ist, zeigt sich schon dadurch, dass ihn sein besonderes Unglück gleich zum allgemeinen hinüberleitet, dass er die Befriedigung nicht in einer persönlichen Genugthuung, wie sie durch den Mord des Gegners zu erlangen wäre, denn Mittel, welches Tell ergreift, sondern nur im Sturz des ganzen Systems sucht, – wenn er die Hand zum Himmel hebt und schwört:

 Blinder, alter Vater,
Du kannst den Tag der Freiheit nicht mehr schauen;
Du sollst ihn hören!

In diesem Augenblick hat ihn der Künstler aufgefasst, und glaubte in ihm nicht nur den jungen Helden, sondern auch den Bauern charakterisiren zu müssen, da der eine wie der andere hier im Melchthal gleich wichtig sind, der eben der Vertreter des plebejischen Elements im Gegensatz zu Rudenz ist, den Bruch mit der alten Zeit zuerst anfängt. Dies erweist er am deutlichsten, da Walther Fürst die, welche bisjetzt

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Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/363&oldid=- (Version vom 1.8.2018)