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bei solchen Versuchen besonders darauf sehen, daß der Schießende unmittelbar nach dem Schuß noch im Anschlag liegen bleibt, um sich damit vertraut zu machen, das Ziel im Auge zu behalten. Diese Uebung ist aber auf jeden Fall fortzusetzen, bis der Lernende vollkommen ruhig und fest, ohne zu zucken, abdrückt, und man voraussetzen kann, er habe sich an die Explosion gewöhnt.

Jetzt erst darf das Feuern mit scharfen Patronen beginnen, und es wäre gut, ja es ist sogar, ebenfalls um Munition und Zeit zu sparen, nöthig, daß eine große, wenigstens sechs bis acht Fuß im Durchmesser haltende Scheibe auf etwa dreißig Schritt, oder auch noch näher, aufgestellt wird, damit der Schießende sie gar nicht fehlen kann und nun in verschiedenen Schüssen deutlich sieht, wie seine Kugeln sitzen, ob rechts ob links, ob oben ob unten, und wie er sein Gewehr zu halten habe, um dem Centrum näher zu kommen. Ist ein Schütze erst einmal im Stande auf 30 Schritt schwarz zu schießen, so wird er es auch bald auf vierzig und fünfzig können und die Distance muß nun vergrößert werden, bis zu hundert Schritt.

Von nun an beginnt eine andere Uebung und zwar, wenn man auch im Feld mit Erfolg auf den Feind schießen will, nach einer sechs Fuß hohen und zwei Fuß breiten Scheibe, die in drei Theile abgeschieden sein mag, (in den oberen, mittleren und unteren). Der mittlere muß das Centrum enthalten und zweckmäßig wäre es hier noch mit einer Entfernung von etwa sechzig Schritte die Schießübung zu beginnen und die Distance weiter und weiter bis endlich auf 200 ja 250 Schritt auszudehnen, damit die Schüler dadurch nicht allein lernen einen wie genauen Schuß es erfordert, in solcher Entfernung das schmale Ziel zu treffen, sondern auch wie sie, je nach größeren oder kleineren Entfernungen zu halten haben, um ihr Ziel weder zu über- noch zu unterschießen.

Hierzu sind nun wieder folgende Erfordernisse nöthig: Jeder Schütze muß sein Gewehr, was er führt, genau kennen, – denn ein Gewehr hat nicht selten, wie ein Mensch, seine Launen und Eigenheiten – er muß wissen z. B. wie weit es mit Sicherheit trägt, damit er über die Entfernung nicht hinausschießt und eine gute Ladung förmlich wegwirft; er muß wissen, ob es „gerade Linie hält,“ oder links oder rechts ab trägt; er muß aber vor allen Dingen sein Augenmaß üben, um zu bestimmen, wie viel Schritt eine aufgegebene Distance beträgt, denn ohne das würde ihm selbst die noch so genaue Kenntniß seines Gewehres nur sehr wenig helfen. Nichts ist aber leichter, als eben das zu üben, denn man braucht sich nur beim Gehn in jeder Straße, auf jedem offenen Platz irgend einen Gegenstand mit den Augen auszusuchen, und kann dann die Entfernung abschätzen und durch Ausschreiten augenblicklich die Probe darauf machen. Es ist dazu weiter nichts, als einige Uebung erforderlich.

Soviel für jetzt über das Schießen im Allgemeinen, ich will nun auf die einzelnen Waffen, auf Flinten und Büchsen übergehen.

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Friedrich Gerstäcker: Schießwaffen. Otto Wigand, Leipzig [1848], Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schie%C3%9Fwaffen-Gerstaecker-1848.djvu/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)