hinaus kommt, und macht euch ein wenig breit.“ Als sie aber miteinander die Treppe hinab giengen, kamen die andern wieder, und, „hast du ihr den Treff schon gegeben, Seppel?“ fragte ihn einer. Da sagte er: „nein, sie hat die Thüre zugeschlossen und gebetet. Jezt kann sie fertig seyn. Ich hab sie durchs Schlüsselloch gesehen, und sie stand eben auf, als ich durchsah.“ Also gieng er mit ihr die Treppe hinab, und die andern stürmten an ihr vorbei, die Treppe hinauf, und während sie vor der verschlossenen Thüre lärmten und pochten, und in das leere Gemach hinein riefen: „seid ihr bald fertig? die Thüre soll bald eingetreten seyn,“ brachte er sie auch zu seiner Mutter, und gab ihr ihr Kindlein wieder, und das Kindlein lächelte, aber sie weinte und drückte es brünstig an ihr Gesicht und an ihren Busen. Also hatte sie der edle Tyroler glücklich und mit Gottes Hülfe aus den Händen ihrer Mörder errettet, und hat sie hernach die Nacht hindurch auf heimlichen Wegen fortgeführt, und bis an ein baierisch Piquet gebracht, als eben die Sonne aufgieng.
Der Adjunkt tritt mit schwarzen Lippen, ohne daß ers weiß, mit blauen Zähnen und herabhängenden Schnüren an den Beinkleidern, zu dem Hausfreund. „Die Kirschen,“ sagt er, „schmecken mir doch nie besser, als wenn ich selber frei und kek wie ein Vöglein auf den luftigen Baum kann sitzen, und essen frisch weg von den Zweigen die schönsten, – auf einem Ast ich, auf einem andern ein Spatz.“
„Wir nähren uns doch alle“, sagt er, „an dem
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/296&oldid=- (Version vom 1.8.2018)