an, der sagte in der Angst: „Mein Rock ist eher gelb als roth.“ Aber der Ehninger sagte: „Nein, aber euer Gesicht ist eher blaß als gelb, und hat auf einmal viel Schweißtropfen darauf geregnet. Gestehts ihr seyd nicht geritten.“ „Doch er ist geritten“, sagte der Wirth; „ich hab ihm eben das Roß draußen angebunden. Es ist losgerissen im Hirsch, und sucht ihn. Hat nicht euer Normänder die Mähnen unten am Hals, und gespaltene Hufe, und wenn er wiehert, sollte man schier nicht meynen, daß es ein Roß ist? Zahlt euer Schöpplein und reitet ordentlich heim.“ Als er aber vor das Haus kam, und den Normänder sah, den ihm der Wirth an die Thüre gebunden hat, wollte er nicht aufsitzen, sondern gieng zu Fuß zum Flecken heraus, und wurde von den Gästen entsetzlich verhöhnt.
Merke: Man muß nie mehr scheinen wollen, als man ist, und als man sich zu bleiben getrauen kann, wegen der Zukunft.
Man muß mit Wirthen keinen Spaß und Muthwillen treiben, sonst kommt man unversehens an den Unrechten. Einer in Basel will ein Glas Bier trinken, das Bier war sauer, zog ihm den Mund zusammen, daß ihm die Ohren bis auf die Backen hervor kamen. Um es auf eine witzige Art an den Tag zu legen und den Wirth vor den Gästen lächerlich zu machen, sagte er nicht, „das Bier ist sauer“, sondern „Frau Wirthin“, sagte er, könnt ich nicht ein wenig Salat und Oel zu meinem Bier haben?“
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/287&oldid=- (Version vom 1.8.2018)