Ein junger Schweitzer aus Ballstall kam in spanische Dienste, hielt sich gut, und erwarb sich einiges Vermögen. Als es ihm aber zu wohl war, dachte er: Will ich, oder will ich nicht? Endlich wollte er, nahm eine hübsche wohlhabende Spanierin zur Frau, und machte damit seinen guten Tagen ein Ende. Denn in den spanischen Haushaltungen ist die Frau der Herr, ein guter Freund der Mann, und der Mann ist die Magd.
Als nun das arme Blut der Sklaverey und Drangsalirung bald müde war, fieng er an, als wenn er nichts damit meinte, und rühmte ihr das fröhliche Leben in der Schweitz, und die goldenen Berge darinn, er meynte die Schneeberge im Sonnenglast jenseits der Clus, und wie man lustig nach Einsiedeln wallfahrten könne, und schön beten in Sasseln am Grabe des heiligen Bruders Niklas von der Flue, und was für ein großes Vermögen er daheim besize, aber es werde ihm nicht verabfolgt aus dem Land. Da wässerte endlich der Spanierin der Mund nach dem schönen Land und Gut, und es war ihr recht, ihr Vermögen zu Geld zu machen, und mit ihm zu ziehen in seine goldene Heimath. Also zogen sie miteinander über das große Pyrenäische Gebirg bis an den Gränzstein, der das Reich Hispania von Frankreich scheidet; sie mit dem Geld auf einem Esel, er nebenher zu Fuß. Als sie aber vorüber an dem Gränzstein waren, sagte er: Frau, wenns dir recht ist, bis hieher haben wirs spanisch mit einander getrieben, von jezt an treiben wir’s deutsch. Bist du von Madrit
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/269&oldid=- (Version vom 1.8.2018)