sie habe nur auf ihr Büblein gewartet. Als aber der Doktor das Rezept in die Hand nahm und sehen wollte, wer bei ihr gewesen sey und was für einen Trank oder Pillelein er ihr verordnet hat, erstaunte er auch nicht wenig, und sagte zu ihr: „Frau, sagte er, ihr seyd einem guten Arzt in die Hände gefallen, denn er hat euch fünf und zwanzig Dublonen verordnet, beim Zahlamt zu erheben, und unten dran steht: Joseph, wenn ihr ihn kennt. Ein solches Magenpflaster und Herzsalbe und Augentrost hätt ich euch nicht verschreiben können.“ Da that die Frau einen Blick gegen den Himmel und konnte nichts sagen vor Dankbarkeit und Rührung, und das Geld wurde hernach richtig und ohne Anstand von dem Zahlamt ausbezahlt, und der Doktor verordnete ihr eine Mixtur und durch die gute Arzney und durch die gute Pflege, die sie sich jetzt verschaffen konnte, stand sie in wenig Tagen wieder auf gesunden Beinen. Also hat der Doktor die kranke Frau kurirt, und der Kaiser die arme, und sie lebt noch und hat sich nachgehends wieder verheirathet.
Der Amtmann in Nordheim ließ im Krieg in den neunziger Jahren fünf Jauner henken, und warens in der ersten Viertelstunde so gut gewohnt, daß keiner mehr herab verlangte, und je nachdem der Wind gieng, exercirten sie miteinander zum Zeitvertreib, rechts um, links um, ohne Flügelmann. Aber einem seine Beiläuferin, die einen Buben von ihm hatte, sagte: „Wart Amtmann, ich will dirs eintränken.“
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/254&oldid=- (Version vom 1.8.2018)