Schnittlauch darauf gegessen, oder etwas von einem geräucherten Bug. Aber die Frau, die im Haus ziemlich der Meister war, und in der Küche ganz, hatte den Schlüssel zum Küchenkästlein in der Tasche, und war bey einer Freundin auf Besuch. Er schickte daher die Magd und den Knecht eins um das andere, die Frau soll heim kommen, oder den Schlüssel schicken. Sie sagte allemal: „Ich komm gleich, er soll nur ein wenig warten.“ Als ihm aber die Geduld immer näher zusammen gieng, und der Hunger immer weiter auseinander, trägt er und der Knecht das verschlossene Küchenkästlein in das Haus der Freundin, wo seine Frau zum Besuch war, und sagt zu seiner Frau: „Frau sey so gut und schließ mir das Kästlein auf, daß ich etwas zum Abendessen nehmen kann, sonst halt ichs nimmer aus.“ Also lachte die Frau, und schnitt ihm ein Stücklein Brod herab und etwas vom Bug.
Einem andern, als er das Wirthshaussitzen bis nach Mitternacht anfieng, schloß einmal die Frau Nachts um 10 Uhr die Thüre zu, und gieng ins Bett, und wollt er wohl oder übel, so mußte er unter dem Bienenstand im Garten über Nacht seyn. Den andern Tag, was thut er? Als er ins Wirthshaus gieng, hob er die Hausthüre aus den Kloben und nahm sie mit, und früh um 1 Uhr, als er heim kam, hängt er sie wieder ein, und schloß sie zu, und seine Frau hat ihn nimmer ausgeschlossen und ist ins Bett gegangen, sondern hat ihn nachher mit Liebe und Sanftmuth gebessert.
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/245&oldid=- (Version vom 1.8.2018)