Herr: „Frau, ihr geht nicht mit der Wahrheit um, oder ihr müßt ein schlechtes Gedächtniß haben. Fürs erste, so kennt ihr den Kayser nicht. Denn ich bins. Fürs andere hab ich euch nicht so ordentlich bezahlt, als ihr sagt, sondern ich bin euch zwey Thaler schuldig oder etwas“; und in diesem Augenblick zählte der Begleiter auf den Tisch ein tausend und zweyhundert Franken, Kapital und Zinnß. Die Frau, als sie den Kayser erkannte, und die Goldstücke auf dem Tisch klingeln hörte, fiel ihm zu Füßen, und war vor Freude und Schrecken und Dankbarkeit ganz außer sich, und die Kinder schauen auch einander an, und wissen nicht, was sie sagen sollen. Der Kayser aber befahl nachher das Haus niederzureissen, und der Frau ein anderes an den nemlichen Platz zu bauen. „In diesem Hause“, sagte er, will ich wohnen, so oft ich nach Brienne komme, und es soll meinen Namen führen.“ Der Frau aber versprach er, er wolle für ihre Kinder sorgen.
Wirklich hat er auch die Tochter derselben bereits ehrenvoll versorgt, und der Sohn wird auf kayserliche Kosten in der nemlichen Schule erzogen, aus welcher der große Held selber ausgegangen ist.
In der ganzen gefahrvollen Zeit von 1789 an, als ein Land nach dem andern entweder in die Revolution oder in einen blutigen Krieg gezogen wurde, hatte sich das Königreich Dänemark theils durch seine Lage, theils durch die Weisheit seiner Regierung den Frieden erhalten. Sie lebte niemand zu lieb und
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/196&oldid=- (Version vom 1.8.2018)