wieder ehrlich, und lebte mit seiner Frau arbeitsam und häuslich. Im Spätjahr, als die zwey andern noch nicht lang auf dem Roßmarkt ein Rößlein gestohlen hatten, besuchten sie einmal den Dieter, und fragten ihn, wie es ihm gehe; denn sie hatten gehört, daß ein Schwein geschlachtet, und wollten ein wenig Acht geben, wo es liegt. Es hing in der Kammer an der Wand. Als sie fort waren, sagte der Dieter: „Frau, ich will das Säulein in die Küche tragen, und die Mulde drauf decken, sonst ist es morgen nimmer unser.“ In der Nacht kommen die Diebe, brechen, so leise sie können, die Mauer durch, aber die Beute war nicht mehr da. Der Dieter merkt etwas, steht auf, geht um das Haus, und sieht nach. Unterdessen schleicht der Heiner um das andere Eck herum ins Haus bis zum Bett, wo die Frau lag, nimmt ihres Mannes Stimme an, und sagt: Frau, die Sau ist nimmer in der Kammer. Die Frau sagt: Schwätz nicht so einfältig! Hast du sie nicht selber in die Küche unter die Mulde getragen? Ja so, sagte der Heiner, drum bin ich halb im Schlaf, und ging, holte das Schwein, und trug es unbeschrien fort, wußte in der finstern Nacht nicht, wo der Bruder ist, dachte, er wird schon kommen an den bestellten Platz im Wald. Und als der Dieter wieder ins Haus kam, und nach dem Säulein greifen will, „Frau, rief er, jetzt habens die Galgenstricke doch geholt.“ Allein, so geschwind gab er nicht gewonnen, sondern setzte den Dieben nach, und als er den Heiner einholte, (es war schon weit vom Hause weg,) und als er merkte, daß er allein sey, nahm er schnell die Stimme des Frieders an, und sagte: „Bruder, laß jezt mich das Säulein tragen, du wirst müd seyn.“ Der Heiner meint es sey der Bruder,
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/188&oldid=- (Version vom 1.8.2018)