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Drey andere Wünsche.


Dießmal ist aber die Frau Anna Fritze nicht dabey, auch riecht es nicht nach Rosenduft und Morgenroth, sondern nach Klingenberger und nach Kalbfleisch in einer sauren Brühe. Drey lustige Kameraden saßen beysammen zu Kehl im Lamm, und als sie das Saueressen verzehrt hatten, und noch eine Flasche voll Klingenberger mit einander tranken, sprachen sie von allerley, und fiengen zuletzt an zu wünschen. Endlich wurden sie der Rede eins, es sollte jeder noch einen kernhaften Wunsch thun, und wer den besten Wunsch hervorbringe, der soll frey ausgehen an der Zeche.

Da sprach der Erste: So wünsch ich dann, daß ich alle Festungsgräben von ganz Straßburg und Kehl voll feiner Nähnadeln hätte, und zu jeder Nadel einen Schneider, und jeder Schneider müßte mir ein Jahr lang lauter Malter-Säcke nähen, und wenn ich dann jeden Malter-Sack voll doppelter Dublonen hätte, so wollte ich zufrieden seyn.

Der Zweite sagte: So wollt ich denn, daß das ganze Straßburger Münster bis unter die Krone des Thurms hinauf voll Wechselbriefe vom feinsten Postpapier läge, so viel darinn Platz haben, und wäre mir auf jedem Wechselbrief so viel Geld verschrieben, als in allen deinen Malter-Säcken Platz hat, und ich hätt’s.

Der Dritte sagte: So wollt ich denn, daß ihr beyde hättet was ihr wünscht, und, daß euch alsdann beyde in Einer Nacht der Henker holte, und ich wär euer Erbe.

Der Dritte gieng frey aus an der Zeche.

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Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/178&oldid=- (Version vom 1.8.2018)