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kommen über Nacht die Husaren, heben uns aus, und der Hanf ist dieß Jahr wohl gerathen, daß ein Strick zum Henken nicht viel kostet.“ Also kündigten sie dem Gefangenen Pardon an, wenn er ihnen einen Eid ablegte, daß er nichts verrathen wolle, und drohten, daß sie in Koppenhagen wollten auf ihn Achtung geben lassen; und er mußte ihnen auf den Eid hin sagen, wo er wohne. Er sagte: Neben dem wilden Mann linker Hand in dem großen Haus mit grünen Läden. Darnach schenkten sie ihm Burgunder-Wein ein zum Morgentrunk, und er schaute ihnen zu, wie sie Rößlein-Thaler prägten bis an den Morgen. Als aber der Tag durch die Kellerlöcher hinab schien, und auf der Straße die Geißeln knallten, und der Kühhirt hürnte, nahm der Fremde Abschied von den nächtlichen Gesellen, bedankte sich für die gute Bewirthung, und gieng mit frohem Muthe wieder in das Wirthshaus, ohne daran zu denken, daß er seine Uhr und seine Tabackspfeife, und die Pistolen habe liegen lassen. Der Wirth sagte: „Gottlob, daß ich Euch wieder sehe, ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können. Wie ist es Euch gegangen?“ Aber der Reisende dachte: Ein Eid ist ein Eid, und um sein Leben zu retten, muß man den Namen Gottes nicht mißbrauchen, wenn mans nicht halten will. Deswegen sagte er nichts, und weil jezt das Glöcklein läutete, und der arme Sünder hinausgeführt wurde, so lief alles fort. Auch in Koppenhagen hielt er nachher reinen Mund, und dachte selber fast nicht mehr daran. Aber nach einigen Wochen kam ab der Post ein Kistlein an ihn, und waren darin ein paar neue, mit Silber eingelegte Pistolen

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Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/176&oldid=- (Version vom 1.8.2018)