und an die Gefahr dachte, in der er gesessen war, ward er erst blaß vor Schrecken und Todesangst, schenkte dem Burschen noch 1 Kronenthaler extra, und hat seitdem zu keinem Barbier mehr gesagt: „Ich steche dich todt, wenn du mich schneidest.“
Verwichenen Herbst fuhr ein fremder Herr durch Schliengen, so ein schöner braver Ort ist. Den Berg hinauf aber gieng er zu Fuß wegen den Rossen, und erzählte einem Crenzacher folgende Geschichte, die ihm selber begegnet ist.
Als der Herr ein halbes Jahr vorher nach Dännemark reiste, kommt er auf den späten Abend in einen Flecken, wo nicht weit davon auf einer Anhöhe ein sauberes Schlößlein stand, und will übernacht bleiben. Der Wirth sagt, er habe keinen Platz mehr für ihn, es werde morgen Einer gerichtet, und seyen schon drey Scharfrichter bey ihm übernacht. So erwiedert der Herr: „Ich will denn dort in das Schlößlein gehen. Der Zwingherr, oder wem es angehört, wird mich schon hinein lassen und ein leeres Bett für mich haben.“ Der Wirth sagt: „Manch schönes Bett, mit seidenen Umhängen, steht aufgeschlagen in den hohen Gemächern; und die Schlüssel hab ich in Verwahrung. Aber ich will es euch nicht rathen. Der gnädige Herr ist schon vor einem Vierteljahr mit seiner Frau und mit dem Junker auf eine weite Reise gezogen, und seit der Zeit wüthen im Schlößlein die Gespenster. Der Schloßvogt und das Gesinde konnten nimmer bleiben; und wer seitdem in
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/172&oldid=- (Version vom 1.8.2018)