als einen Gulden. Aber 15 Batzen sind auch ein Gulden, und wer auf einem Wege von 700 Stunden nur allemal an 5 Stunden weiß eine Viertelstunde abzukürzen, der hat an der ganzen Reise gewonnen – wer rechnet aus, wie viel. Allein unser verkleideter Pilgrim dachte nicht eben so, sondern weil er nur dem Müßiggang und guten Essen nachzog, so war es ihm einerley, wo er war. Ein Bettler kann nach dem alten Sprichwort nie verirren, muß in ein schlechtes Dorf kommen, wenn er nicht mehr darinn bekommt, als er unterwegs an den Sohlen zerreißt, zumal wenn er barfuß geht. Unser Pilgrim aber dachte doch immer darauf, so bald als möglich wieder an die Landstraße zu kommen, wo reiche Häuser stehen, und gut gekocht wird. Denn der Halunke war nicht zufrieden, wie ein rechter Pilgrim seyn soll, mit gemeiner Nahrung, die ihm von einer mitleidigen und frommen Hand gereicht wurde, sondern wollte nichts fressen als nahrhafte Kieselstein-Suppen. Wenn er nemlich irgendwo so ein braves Wirthshaus an der Straße stehen sah, wie zum Exempel das Posthaus in Krotzingen, oder den Baselstab in Schliengen, so gieng er hinein und bat ganz demüthig und hungrig um ein gutes Wasser-Süpplein von Kieselsteinen, um Gotteswillen, Geld habe er keines. – Wenn nun die mitleidige Wirthin zu ihm sagte: „Frommer Pilgram, die Kieselsteine könnten euch hart im Magen liegen!“ so sagte er: Eben deswegen! Die Kieselsteine halten länger an, als Brod, und der Weg nach Jerusalem ist weit. Wenn ihr mir aber ein Gläslein Wein dazu bescheren wollt, um Gotteswillen, so könnt ichs freylich besser verdauen. Wenn aber die Wirthin sagte:
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/135&oldid=- (Version vom 1.8.2018)