stand. Als sie genug gegessen und getrunken hatten, rückten sie mit der List heraus, worauf es abgesehen war.
„Frau Wirthin, sagte einer, es steht dießmal um unsere Batzen nicht gut, denn es sind der Wirthshäuser zu viele an der Strasse. Da wir aber an euch eine verständige Frau gefunden haben, so hoffen wir als alte Freunde hier Credit zu haben, und wenns euch recht ist, so wollen wir in 6000 Jahren, wenn wir wieder kommen, die alte Zeche samt der neuen bezahlen.“ Die verständige Wirthin nahm das nicht übel auf, war’s vollkommen zufrieden, und freute sich, daß die Herren so vorlieb genommen, stellte sich aber unvermerkt vor die Stubenthüre, und bat, die Herren möchten nur so gut seyn, und jetzt einstweilen die 5 fl. 16 kr. bezahlen, die sie vor 6000 Jahren schuldig geblieben seyen, weil doch alles schon einmal so gewesen sey, wie es wieder komme. Zum Unglück trat eben der Vorgesetzte des Ortes mit ein Paar braven Männern in die Stube, um mit einander ein Glas Wein in Ehren zu trinken. Das war den gefangenen Vögeln gar nicht lieb. Denn jetzt wurde von Amts wegen das Urtheil gefällt und vollzogen: „Es sey aller Ehren werth, wenn man 6000 Jahre lang geborgt habe. Die Herren sollten also augenblicklich ihre alte Schuld bezahlen, oder ihre noch ziemlich neue Oberröcke in Versatz geben.“ Dieß letzte mußte geschehen, und die Wirthin versprach, in 6000 Jahren, wenn sie wieder kommen und besser als jetzt bei Batzen seyen, ihnen alles, Stück für Stück, wieder zuzustellen.
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/123&oldid=- (Version vom 1.8.2018)