aufgeht, und bald in dem anbrechenden Tag erblaßt, oder Abends bald nach ihr untergeht, und also nicht überall zu sehen ist. Er ist ungefähr zwei und ein halbmal näher bei der Sonne als wir, welches doch 8 Millionen Meilen beträgt. Ein Jahr währt auf diesem Planet nur 88 Tage, denn in so viel Zeit lauft er einmal um die Sonne herum, und vollendet seine Jahrszeit. Dafür ist er auch einer von den kleinen Planeten, und 16mal kleiner als die Erde.
Die Venus ist der zweite Planet, und diesen kennen wir alle unter einem andern Namen, als Abendstern oder Morgenstern. Denn wenn sie auf ihrem Lauf um die Sonne, welcher 224 Tage beträgt, gegen uns betrachtet vorne an der Sonne steht, so geht er auch früh ein Paar Stunden lang vor ihr auf, und das ist alsdann der schöne Morgenstern.
Aber wenn er zu einer andern Zeit in seinem Umlauf so steht, daß er erst nach der Sonne aufgehen kann, so können wir wegen der Tageshelle und dem Sonnenglast ihn nicht mehr sehen. Unsichtbar folgt er den ganzen Tag der Sonne, wie ein Kind seiner Mutter nach, und erst wenn die Sonne untergegangen ist, wenn auf der Erde die Lichter bald angezündet werden und die Betglocke in die Dämmerung läuten, wird er am Abendhimmel sichtbar. Dieser Stern ist der einzige unter allen, der nicht nur aus der Ferne uns seinen Schimmer zeigt, sondern sogar einige Helle auf der Erde verursacht, und daher auch einen Schatten wirft. Dieß rührt von der Nähe desselben her, die bisweilen nur 6 Millionen Meilen
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/105&oldid=- (Version vom 1.8.2018)