liebte wie das andere, und weil er glaubte, Gott werde den jüngern, wenn sie fleißig und gut gesittet seyen, nach seinem Tode helfen, wie er den ältern bei seinen Lebzeiten geholfen habe. Weil sie ihm aber keine Ruhe ließen, und die ältern Brüder es auch zufrieden waren, so machte er folgende Verordnung:
Der älteste Sohn soll von dem ganzen Vermögen 100 fl. zum Voraus haben und von dem übrigen den achten Theil.
Der zweite soll alsdann 200 fl. wegnehmen, und von dem Uebrigen wieder den achten Theil.
Der dritte soll 300 fl. von dem nachfolgenden vorausempfangen und auch wieder den achten Theil vom Rest.
Und so soll jeder folgende 100 fl. mehr als der erste und dann von dem übrigen den Achtel erhalten, und der Letzte bekommt, was übrig bleibt, wie überall.
Damit waren die Kinder zufrieden. Nach dem Tode des Vaters wurde sein letzter Wille vollzogen, und es ist nun auszurechnen, wie viel ein jeder bekommen habe.
Die Menschen nehmen oft ein kleines Ungemach viel schwerer auf, und tragen es ungeduldiger, als ein grosses Unglück, und der ist noch nicht am schlimmsten daran, der viel zu klagen hat, und alle Tage etwas anders. Erfahrung und Uebung im Unglück lehrt schweigen. Aber wenn ihr einen Menschen wißt, der nicht klagt, und doch nicht fröhlich seyn
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/059&oldid=- (Version vom 1.8.2018)